LeitartikelDeutsche Telekom

Höttges auf dem Gipfel

Die T-Aktionäre ernten endlich die Früchte der teuren US-Akquisition. Allerdings wird der Konzern den erkämpften finanziellen Spielraum auch brauchen.

Höttges auf dem Gipfel

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Höttges auf dem Gipfel

Von Heidi Rohde

Wer auf dem Gipfel steht, dem bleibt eigentlich nur der Abstieg. Telekom-Chef Höttges wird daher gut beraten sein, genau darauf zu achten, wo er hintritt.

Tim Höttges, dessen Vertrag bis 2026 läuft, hat beim jüngsten Kapitalmarkttag mehr als die gewohnt solide Performance der selbst gesteckten Ziele für die zurückliegenden drei Jahre präsentiert. Der Telekom-Chef feiert sein strategisches Lebenswerk – den über Jahre zäh verfolgten Mega-Deal der US-Tochter – mit einer Bescherung für alle Anteilseigner. Der üppige Mittelzufluss bei T-Mobile US, die im laufenden Jahr mehr als 80% des erwarteten Free Cashflow nach Leasingkosten des Konzerns von 19 Mrd. Euro beisteuert, kommt endlich auch bei den T-Aktionären an. Zum einen, indem die Dividende mit einem avisierten Anstieg von 17% deutlich größere Sprünge macht als bisher, zum anderen, weil freie Mittel auch im nächsten Jahr in einen Aktienrückkauf von immerhin 2 Mrd. Euro fließen – was für die Telekom obendrein den Charme hat, die Dividendensumme künftig wieder zu begrenzen. Die Rekorddividende geht einher mit einem Meilenstein, den der Konzern in einem mehrjährigen Kraftakt erreicht hat: Die Verschuldung wird in die angestrebte Rating-Komfortzone gedrückt.

Priorität USA

Wer auf dem Gipfel steht, dem bleibt indes eigentlich nur der Abstieg. Höttges wird daher gut beraten sein, genau darauf zu achten, wo er hintritt, damit er nicht allzu schnell die Balance verliert. Aus gutem Grund ist die Telekom bemüht, durch das Instrument der Rückkäufe auch bei einer steigenden Aktionärsvergütung flexibel zu bleiben. Sie hat sich überdies mittelfristig eine kumulierte finanzielle Reserve von rund 15 Mrd. Euro eingeräumt, für „strategische Optionen“ verschiedener Art. Wobei Höttges nie einen Hehl daraus gemacht hat, dass er weitere Investitionschancen in den USA bevorzugt ins Auge fasst, weil die zu erwartende Rendite dort größer sei.

Das lag in der Vergangenheit tatsächlich auf der Hand, angesichts des dynamischen Wachstums von T-Mobile US, die dem Wettbewerb stetig Marktanteile abnehmen konnte, und dies angesichts des im globalen Vergleich sehr hohen Preisniveaus zu sehr attraktiven Margen. Inzwischen ist die Branche allerdings auch in den USA in Gefilde jenseits des Mobilfunks aufgebrochen und verfolgt gewissermaßen die in Europa so wenig rentierliche Konvergenzstrategie. Dabei geht es um nicht weniger als eine Neuverteilung des Breitbandmarktes, der in den USA bisher weitgehend von den Kabelgesellschaften kontrolliert wird.

Glasfaser verschlingt große Summen

T-Mobile US ist auch hier bereits in den Kampf um die Kunden eingestiegen, wobei die Gesellschaft zunächst die auf dem 5G-Mobilfunkstandard aufsetzende kostengünstige Kombinationstechnik, den sogenannten Fixed-wireless-Zugang, ausschöpft. Branchenkenner erwarten allerdings, dass diese Technologie letztlich maximal einen Marktanteil von 10% erreichen wird, sie stößt also an Grenzen. Im zurückliegenden zweiten Quartal hat sich das Wachstum solcher Neukunden im Vergleich zum Vorjahr bereits deutlich abgeschwächt. T-Mobile treibt daher den Ausbau von Glasfaser voran. Selbst wenn dies in kapitalschonenden Joint-Venture-Strukturen geschieht, ist der Gesamtbedarf gigantisch, und zwar in einer relativ kurzen Zeitspanne.

Analysten gehen davon aus, dass sich die USA mitten in einer massiven Ausbauphase befinden, in der vor allem 2025 und 2026 die Kundenlandkarte abgesteckt wird. T-Mobile wird dabei Schritt halten und erhebliche Mittel mobilisieren müssen. Sowohl zusätzliches Fremdkapital, das die Telekom konsolidieren müsste, als auch die Aufnahme von Eigenkapital könnte den Bonner Konzern vor Probleme stellen.

Vermarktung schwach

Hinzu kommt, was auch im Heimatmarkt bisher bewusst abseits des Rampenlichts gerückt wirkt: die bloße Erschließung von Haushalten mit Glasfaser erzeugt noch keinen Cashflow. Die Anschlüsse müssen vom Kunden auch genutzt werden. Hierzulande ist die sogenannte Take-up Rate bei den Glasfaseranschlüssen der Telekom mit rund 14% bisher äußerst kümmerlich, auch ein Grund, warum das mittelfristige Cashflowziel außerhalb der USA im zurückliegenden Dreijahresplan am unteren Ende der Spanne landet. Hier muss die Telekom auf beiden Seiten des Atlantiks noch deutlich aufdrehen.

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