Im Zeichen des D
Der D-Day ist ein historisch eigentlich fest verankerter Begriff. In diesen Tagen des politischen Schreckens kündigen sich derweil eine ganze Reihe neuartiger D-Days an. Während sich in Europa allmählich die Hoffnung auf den Fortbestand einer Sicherheitspartnerschaft mit den USA verflüchtigt und der „Defense Day“ in den Köpfen Gestalt annimmt, steht in Deutschland der „Democracy Day“ bevor. Bei dieser Bundestagswahl sind Fortschrittsversprechen wie Dekarbonisierung oder Digitalisierung in den Hintergrund gerückt. Dafür mutiert die Deglobalisierung in Deutschland und Europa scheinbar regelrecht von der Drohkulisse zum Heilsversprechen.
Nicht nur, dass einfache, um nicht zu sagen einfältige Botschaften wie „Buy German“ plötzlich Konjunktur haben, weil etwa der deutsche Einzelhandel versucht, damit der Billigkonkurrenz aus China entgegenzutreten. Auch die EU hält es für zielführend, zur Stärkung der heimischen Wirtschaft Quoten für Produkte „made in Europe“ einzuführen.
Parallel dazu, aber ebenfalls problematisch: Die EU-Förderung neuer Technologien zum Kampf gegen den Klimawandel soll generöser werden. Dabei drohen die Lehren aus Kopfgeburten wie dem Aufbau einer eigenen Batterieproduktion als Schlüsselindustrie aus dem Blick zu geraten.
Klimaschutz und Resilienz entstehen nicht am Reißbrett. Mit den wirtschaftlichen Folgen einer sich stetig verändernden geopolitischen Lage kommt am besten klar, wer sich agil und reaktionsschnell zeigt. Doch für alle Eventualitäten kann sich Europa nicht allein wappnen. Daher scheint es geboten, vor allem den Schulterschluss mit Ländern zu suchen, die durch den Paradigmenwechsel in den USA ebenfalls vor Herausforderungen stehen. Das gilt nicht nur in der Sicherheitspolitik, sondern auch gerade in der Handelspolitik.
Willige Kandidaten gibt es genug: Kanada ist als US-Anrainerstaat auf beiden Feldern unmittelbar betroffen. Mittelbar gilt das auch für die exportorientierte Wirtschaftsmacht Japan. Mit neuen globalen Partnerschaften wird Europa nicht nur besser aus der Defensive kommen. Für Donald Trump wäre es zudem ein persönlicher D-Day, wenn Brüssel ihm zeigt, wie „The Art of the Deal“ wirklich geht.
In der Kolumne „Brücke oder Krücke“ befassen wir uns künftig jeden Freitag pointiert mit einem aktuellen Thema, das aus unserer Sicht entweder nicht ausreichend beleuchtet wurde oder noch eine neue Perspektive verdient hat. Anregungen und Kommentare sind willkommen. Einfach mailen an: redaktion@boersen-zeitung.de.
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