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In der Warteschlange

Italien steht vor einem weiteren Touristen-Rekordjahr. Wer ein Taxi braucht, wartet oft vergebens. Denn die Zahl der Taxi-Lizenzen wächst seit 20 Jahren nicht: Die Lobby der Branche verhindert erfolgreich eine Erhöhung der Zahl der Lizenzen.

In der Warteschlange

Trotz des schlechten Wetters in Norditalien überschwemmten die Urlauber an Ostern die Touristenzentren. Auf den Autobahnen gab es die üblichen Staus. Und wer den Zug nahm, musste sich nach der Ankunft in Rom oder Mailand in Geduld üben: Vor den Taxiständen bildeten sich lange Warteschlangen.

Das lässt nichts Gutes erahnen für den Sommer. In diesem Jahr werden neue Touristenrekorde in Italien erwartet. Doch die Zahl der Taxis stagniert seit mehr als 20 Jahren bei 23.139 Lizenzen. Das Chaos ist programmiert.

Mario Draghi wollte im Sommer 2022 mehr Wettbewerb schaffen. Doch nachdem die Taxifahrer Rom tagelang blockiert hatten, musste er aufgeben. Die Regierung unter Giorgia Meloni machte einen neuen Anlauf. Bisher ohne Ergebnis. Jeder Reformversuch wird von den Taxifahrern blockiert. Nach Untersuchungen der Marktaufsichtsbehörde Autorità Garante della Concorrenza e del Mercato haben im Juli 2023 etwa 1,3 Millionen potenzielle Kunden in Rom und mehr als 500.000 in Mailand vergeblich versucht, einen Wagen zu bestellen. Zwischen 40 und 50% der Anrufe laufen ins Leere.

Ein Fall für Uber, eigentlich. Doch die Regierung schränkt die Geschäftstätigkeit von Uber massiv ein. „Italienische Touristen und Einheimische müssen zu Fuß gehen. Mit dem neuen Gesetz, das Uber-Fahrten etwa für Reiseagenturen verbietet und den Fahrern eine Pause von mindestens einer Stunde zwischen zwei Fahrten vorschreibt, wird das Chaos noch schlimmer“, schäumt Dara Khosrowshahi, CEO von Uber, vor Wut.

Die potenziellen Kunden sind im Land des Korporatismus Geiseln einer kleinen, aber lautstarken Gruppe: der Taxifahrer, die ihre Pfründe verteidigen. Auch die Pächter der Strandbäder wehren sich seit 18 Jahren erfolgreich gegen die von der EU verlangte Neu-Ausschreibung ihrer Lizenzen.

Zorn der Taxifahrer

Italiens Regierungen fürchten den Zorn der Taxifahrer, die gut organisiert sind. In den meisten Fällen haben sie ihre Lizenzen vor Jahrzehnten kostenlos erhalten. Doch wenn sie die Lizenzen weitergeben, bekommen sie dafür zwischen 150.000 und 200.000 Euro.

Seit 2008 dürfen Kommunen theoretisch neue Lizenzen vergeben. Dann aber müssen 80% der Verkaufserlöse an die Lizenzinhaber ausgeschüttet werden. Das reicht den Chauffeuren nicht. Sie sind gegen neue Lizenzen und fürchten einen Preisverfall, wenn es zu viele davon gibt.

Melonis Reform vom August 2023 sieht die erleichterte Vergabe von Lizenzen vor. Die Verkaufserlöse sollen den derzeitigen Lizenzinhabern vollständig zufließen. Mailands Bürgermeister Beppe Sala bot den derzeitigen Lizenzinhabern 96.500 Euro pro Lizenz. Zu wenig, finden die Taxifahrer und machen mobil. Demnächst muss ein Gericht über ihre Klage entscheiden. In Rom ist die Vergabe neuer Lizenzen ebenfalls blockiert. Potenzielle Taxi- oder Uber-Kunden schauen in die Röhre.

Notiert in Mailand

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Wer in Italien Taxi fahren will, braucht viel Zeit und Geduld

Von Gerhard Bläske
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