Investmentvehikel in der Zange
Wer von Vermögensanlagen spricht, meint meist Investments in Aktien, Anleihen oder Fonds. Doch Vermögensanlagen sind nach juristischer Definition spezielle Anlageinstrumente, die im Vermögensanlagengesetz (VermAnlG) geregelt sind. Und das wird jetzt gleich mit zwei Gesetzesvorhaben reformiert und schärfer gefasst. Dabei geht es in erster Linie um den Anlegerschutz, denn Vermögensanlagen sind zwar gesetzlich geregelt, brauchen aber keine Erlaubnis von der Aufsicht und sind nicht staatlich überwacht. Mithin sind sie ein Teil des grauen Kapitalmarktes. Anbieter müssen nur einen Prospekt einreichen, den die BaFin formal prüft.
Die jetzt erneut in Berlin diskutierten Vermögensanlagen sind allerdings ohnehin ein Nischenprodukt. Im vergangenen Jahr wurden nur 712 Mill. Euro in Vermögensanlagen investiert. Das sind nicht mal 1% der privaten Ersparnisse. Zum Vergleich: Fonds flossen 43,2 Mrd. Euro zu.
Im parlamentarischen Verfahren befinden sich derzeit das Gesetz zum weiteren Anlegerschutz und das Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität (FISG). Ersteres geht auf den Skandal um P&R zurück. Der 2018 insolvent gegangene Containeranbieter hatte 3,5 Mrd. Euro eingesammelt, doch rund eine Million Container fehlten. Das zweite Gesetzespaket greift die Missstände um Wirecard auf und regelt nebenbei noch einiges im VermAnlG. Bei der Gelegenheit: Die Wirecard-Aktien, -Anleihen und -Zertifikate, die den Anlegern hohe Verluste einbrachten, hatten mit dem grauen Kapitalmarkt nichts zu tun. Als Wertpapiere sind sie per Definition weißer Kapitalmarkt.
Im Kern der Neuregelungen der Vermögensanlagen soll es darum gehen, dass Produkte nicht mehr als Blind Pool angeboten werden dürfen. Gerade im Sachwertebereich ist es üblich, erst Geld einzusammeln und dann in Objekte zu investieren. Es klingt auf den ersten Blick überaus vernünftig, dass Anleger wissen, was sie kaufen. Andererseits: Ganz so einfach ist es nicht, Immobilien und andere Sachwerte zu finanzieren, ohne Eigenkapital gesammelt zu haben. Das ist auch bei anderen Anlagevehikeln üblich und soll nun bei Vermögensanlagen verboten werden. Das Problem ist, dass mit Vermögensanlagen vielleicht häufiger Schindluder getrieben wurde. Bei den Containern wussten die Investoren allerdings schon, was sie kauften. Das Beispiel zeigt auch, dass man mit einer immer engeren Regulierung des grauen Kapitalmarktes nicht immer weiterkommt.
Sicher, eine Regulierung ist besser als keine. Das zeigt das Beispiel von einigen Edelmetallinvestments. So hat die Skandalfirma PIM tausende Investoren mit falschen Goldanlagen um zig Millionen Euro gebracht und flog Ende 2019 auf. Dabei ging es auch um sogenannte Goldsparpläne. Hätten diese schon damals zu den Vermögensanlagen gezählt, wäre es vermutlich nicht so weit gekommen. Jetzt sollen bestimmte Edelmetallanlagen im FISG als Vermögensanlagen definiert und damit prospektpflichtig werden.
Über Jahre eine Summe von 3,5 Mrd. Euro für Container einzusammeln, die für den normalen Anleger doch ein eher spezielles Anlageobjekt darstellen, ist schon ein Kunststück. Es ist fraglich, ob die jetzt im Gesetzesentwurf vorgesehene Pflicht zur Mittelverwendungskontrolle bei Direktinvestments – denn nichts anderes waren die Container – geholfen und den Betrug verhindert hätte. Wenn Unternehmen am Werk sind, die sich nicht an Regeln halten, nützt die schärfste Regulierung nichts.
Die nun erneut in die Zange genommenen Vermögensanlagen dürften durch mehr Regeln kaum zu früheren Absatzzahlen zurückkommen. Denn es ist ein Irrglaube, dass immer schärfere Regulierung dieses Segments dazu führt, die schwarzen Schafe des grauen Kapitalmarktes zu eliminieren. Die Frage ist also eher, ob man diese Art von Anlagevehikel wirklich braucht. Vermögensanlagen haben in anderen Ländern kein Pendant. Mit Produkten im Wertpapier- und Fondsbereich ist man ausreichend flexibel, um alle erdenklichen Anlageziele abzudecken.
Die Skandale zeigen, dass es häufig um Betrug und Veruntreuung geht. Und dass es auch im voll regulierten weißen Kapitalmarkt Ärgernisse geben kann, macht nicht nur das jüngste Beispiel Wirecard deutlich. 2009 erreichte das System des kürzlich verstorbenen Milliardenbetrügers Bernie Madoff über ganz normale Fonds die deutschen Anleger. Sicher, Anlegerschutz ist wichtig, doch vor Betrug schützt auch die geplante Regulierung nicht.