Investoren sollten cool bleiben
DHL
Investoren sollten cool bleiben
Von Martin Dunzendorfer
Eine „Schwächeperiode“ mit einem operativen Gewinn von über 6 Mrd. Euro reicht, um nach Jahren mit Rekordergebnissen Anleger in die Flucht zu schlagen.
Die Reaktion der Investoren lässt keinen Platz für Interpretationen: Nach Veröffentlichung der Geschäftszahlen für 2023, des Ausblicks auf das laufende Jahr und der Mittelfristprognose für 2026 gab die Aktie der an der Börse noch als Deutsche Post geführten DHL Group in der Spitze um 7% auf 38,80 Euro nach.
Kursrückgang übertrieben
Der starke Kursrückgang ist übertrieben, aber psychologisch nachvollziehbar. Denn der Logistikkonzern hatte seit Beginn der Corona-Pandemie bei fast jeder Zahlenvorlage positiv überrascht. Ursachen waren im Wesentlichen der boomende E-Commerce und hohe Frachtraten infolge knapper Kapazitäten. Aber auf beiden Feldern findet spätestens seit dem zweiten Halbjahr 2022 eine Konsolidierung statt. Dass das operative Ergebnis (Ebit) mit 6,35 Mrd. Euro die Konsensschätzung der Analysten um rund 100 Mill. Euro verfehlen würde, hatte man im Markt trotzdem nicht erwartet. Das ist ein Gewinneinbruch um ein Viertel im Vergleich zum Rekordjahr 2022, doch 54% mehr als im Vor-Corona-Jahr 2019. Auch davon, dass der freie Cashflow, dem CFO Melanie Kreis größte Aufmerksamkeit schenkt, mit zuletzt 2,94 Mrd. Euro einer Verdreifachung gegenüber 2019 entspricht, will an Tagen wie diesen kein Anleger etwas hören.
Doch auf Sicht wird die Gruppe weiter gute Geschäfte machen. Selbst der verhaltene Ausblick auf 2024, an dem sich Analysten ebenfalls rieben, beinhaltet einen Zielkorridor für das Ebit von 6,0 Mrd. bis 6,6 Mrd. Euro und einen Cashflow, bereinigt um Zu- und Verkäufe von Assets, von rund 3 Mrd. Euro. Solch eine Krise würden sich viele Unternehmen wünschen.
Kein Interesse mehr an Schenker
Zudem hat sich DHL eines möglichen Problems entledigt, indem der Vorstand um CEO Tobias Meyer Abstand von einer möglichen Übernahme des zum Verkauf stehenden Wettbewerbers Schenker aus dem Portfolio der Deutschen Bahn genommen hat. Es gebe bessere Möglichkeiten, das Kapital einzusetzen, sagte Meyer. Damit hat er wohl Recht. Ganz bestimmt zutreffend ist aber sein Hinweis, dass ein Zusammenschluss keine großen Skaleneffekte ergeben hätte und dass in der Logistikbranche Synergien grundsätzlich schwer zu heben sind. Wie bei unzähligen M&A-Transaktionen hätte auch die Akquisition von Schenker zu einem kostspieligen Fehlschlag werden können. Diese Gefahr ist nun gebannt. Die Bahn und die beteiligten Investmentbanken werden das bedauern, die DHL-Aktionäre sollten Beifall klatschen.