Kassensturz dringend nötig
Haushalt
Kassensturz dringend nötig
Von Andreas Heitker
Vor dem neuen Haushaltsplan muss erst einmal der Etat 2023 geklärt werden.
Die Expertenanhörung im Bundestag zu den Folgen des Klimafonds-Urteils aus Karlsruhe hat am Dienstag vor allem eines deutlich gemacht: Der Plan der Ampel-Parteien, den Bundesetat für 2024 noch in dieser Woche im Haushaltsausschuss durchzuwinken, ist eine Schnapsidee. Wirklich wichtig wäre dagegen ein echter Kassensturz. Denn – auch hier sind sich die Experten mittlerweile weitgehend einig – der Spruch der Verfassungsrichter betrifft nicht nur den Klima- und Transformationsfonds (KTF), sondern mit dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds auch noch einen weiteren milliardenschweren Schattenhaushalt. Und dies dürfte auf gewaltige Deckungslücken auch schon im Haushalt 2023 hinauslaufen. Erst wenn es hier eine Bereinigung gegeben hat, kann man sich näher um den Budgetplan für 2024 kümmern.
Es geht mit Blick auf die Finanzlücke im KTF jetzt in erster Linie nicht darum, Projekte zu streichen. Die Aufgabe ist vielmehr, einige der Förderungen zurück in den Kernhaushalt zu holen, wie etwa den ausgelagerten Teil der Schienensanierung der Bahn oder die Förderung der neuen Mikrochip-Fabriken in Magdeburg oder Dresden. Dass es bei der Gegenfinanzierung noch Spielräume im Budget gibt, hat die Bereinigungssitzung im Bundestag in der vergangenen Woche gezeigt, als die drei Ampel-Partner sich an verschiedenen Stellen des Etats noch Nachschläge in Millionen- oder gar Milliardenhöhe gegönnt hatten.
Es geht aber auch darum, die Finanzierung der Sondervermögen KTF und WSF neu zu denken. Nein, nicht über Steuererhöhungen. Aber was ist zum Beispiel mit einem neuen Fokus auf den großen EU-Corona-Hilfsfonds "Next Generation EU"? Die Milliarden-Zuschüsse aus Brüssel sind bislang erst sehr spärlich geflossen. Und Kredite wollte Berlin aus diesem Programm bislang gar nicht haben – obwohl die wohl von der Schuldenbremse ausgenommen worden wären.
Um Zeit zu gewinnen, könnte die Ampel natürlich auch noch einmal versuchen, die derzeitige Situation zur Notlage zu erklären, um so die Schuldenbremse noch einmal auszusetzen. Dies wäre aber schon wieder ein Griff in die Trickkiste. Die Koalition sollte sich Zeit nehmen und die Budgetplanungen noch einmal auf den Prüfstand stellen, selbst wenn diese am 1. Januar noch nicht abgeschlossen sind. Dann in eine vorläufige Haushaltsführung zu gehen ist aber allemal besser, als unter dem erneuten Damoklesschwert der Verfassungswidrigkeit zu agieren. Denn eines sollten die Haushälter der Koalition in der Bundestagsanhörung auch gelernt haben: Eine risikobasierte Finanzpolitik ist in diesen Zeiten auch eine Gefahr für den Standort.