Knappheitssignale vom Terminmarkt
Ölpreis
Knappheitssignale
vom Terminmarkt
Von Dieter Kuckelkorn
Das aktuelle Preisniveau am Ölmarkt ist mit knapp unter 83 Dollar je Barrel Brent nicht exorbitant hoch, wenn man sich gegenwärtig die zahlreichen geopolitischen Risiken der Ölversorgung vergegenwärtigt. Allerdings sendet der Markt gerade Signale, die darauf hindeuten, dass die Lage weniger entspannt ist, als es auf den ersten Blick aussieht. Hier geht es um die Spreads zwischen dem Monatskontrakt am kurzen Ende der Laufzeitenkurve und den länger laufenden Kontrakten zur Lieferung von Öl in einigen Monaten. Diese haben sich zuletzt nämlich spürbar ausgeweitet.
Der Markt befindet sich derzeit im Zustand der sogenannten Backwardation, was bedeutet, dass es für die kurzfristigen Laufzeiten höhere Preise gibt als für die längerfristigen. Dies ist ein typischer Indikator für Knappheit an den Rohstoffmärkten. Laut den Analysten von Goldman Sachs haben sich die Spreads binnen nur einer Woche recht deutlich ausgeweitet, wobei sie bei den US-Sorten größer sind als beispielsweise bei der Nordseesorte Brent Crude. Das ist ein Hinweis darauf, dass die Knappheit vom US-Ölmarkt ausgeht. Diese Beobachtung deckt sich mit der Tatsache, dass die Zahl der im Betrieb befindlichen Ölförderinstallationen in den USA rückläufig ist. Gegenüber dem Höhepunkt Ende 2022 ergibt sich mittlerweile ein Abbau von 21%. Und seit Anfang 2024 geht auch die Ölproduktion in den USA zurück, was bislang aber weitgehend dadurch ausgeglichen worden ist, dass aufgrund des warmen Wetters der Verbrauch zurückging. Gleichwohl liegen die Lagerbestände in den OECD-Ländern inzwischen unter dem, was Analysten eigentlich prognostiziert hatten. Die Folgen dieser Entwicklung könnten sein, dass die Knappheit auch auf andere Teile des Ölmarktes durchschlägt und beispielsweise auch für ein deutliches Ansteigen des Brent-Preises sorgt. Außerdem könnte es ein innenpolitisches Problem in den USA geben. Denn steigen dort die Benzinpreise, verschlechtern sich die Wahlchancen derjenigen Partei, die gerade das Land regiert. Für die Biden-Administration gibt es also Grund zu einer gewissen Sorge.