KommentarChinas Staatsanleihenmarkt

Kontrollwut führt zum Pulverfass

Peking sieht eine stramme Rally bei Staatsanleihen als Ärgernis an. Ein massives Auftreten gegen unerwünschte Bondspekulation, bringt allerdings neue Gefahren mit sich.

Kontrollwut führt zum Pulverfass

Chinas Staatsanleihen

Kontrollwut führt zum Pulverfass

Von Norbert Hellmann

Im chinesischen Staatsanleihenmarkt ist die Situation noch ein wenig skurriler geworden. Versuche der Finanzregulatoren, den „Bondspekulanten“ den Garaus zu machen, um die starke Rally bei zehnjährigen Staatsanleihen abzukühlen, zeigen plötzlich unerwünschte Nebenwirkungen. Das Handelsvolumen in den Staatstiteln ist massiv geschrumpft. Bei stark ausgetrockneter Liquidität droht die Preisfindungsfunktion für die Benchmark-Anleihen eines großen Finanzmarktes kompromittiert zu werden.

Regulatoren mit harter Hand

In einem von Konjunktursorgen und Immobilienmarktproblemen geprägten Finanzmarktklima favorisieren Chinas Anleger zusehends Staatstitel. Im Januar fiel die Rendite auf zehnjährige Bonds erstmals seit über 20 Jahren unter 2,5%. Anfang August ging sie auf ein Rekordtief bei 2,1%, das die Regulatoren verstärkt auf den Plan rief. Große Staatsbanken wurden zu Bondverkäufen beordert und regionale Institute dazu aufgefordert, vom Handel Abstand zu nehmen. Auch Assetmanager sehen sich mit Schikanen konfrontiert. Mit harter Hand wurde die Zehnjahresrendite auf zuletzt 2,15% gehievt.

Peking sieht es anders

Während Regierungen in westlichen Ländern eine flotte Rally bei Staatsanleihen in der Regel gerne sehen, wird sie in Peking als Missstand gewertet. Anleger sollen gefälligst nicht sichere Werte ansteuern, sondern ihr Heil im Aktienmarkt und besser noch bei Immobilienkäufen zu suchen. Sonst drohen schwache Börsen und sinkende Immobilienpreise in einer Art Rückkoppelungsschleife weiter auf die Konsumstimmung zu drücken. Die Banken wiederum sollen nicht als Bondspekulanten glänzen, sondern zur kreditgeleiteten Konjunkturankurbelung beitragen.

Neue Risikoquelle

Die Regulatoren haben Sorge, dass sich kleinere Institute im Bondmarkt verheben und gefährlichen Zinsänderungsrisiken aussetzen. Das kann man verstehen. Jetzt aber ist die Situation erst recht unübersichtlich. Mit der kontrollwütigen Aushebelung von Marktfunktionen aber fängt man sich neue Risiken ein. Ein illiquider Handel kann erratische Bewegungen erzeugen, die den Staatsanleihenmarkt dann wirklich zum Pulverfass machen.

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