LeitartikelBitcoin-ETF

Krypto-Investoren machen die Rechnung ohne die Börsenaufsicht

Die Anträge großer Vermögensverwalter auf eine US-Zulassung Spot-basierter Bitcoin-ETFs versetzt Krypto-Anleger in Euphorie. Doch die Börsenaufsicht SEC muss sich hart gegen solche Vehikel wehren.

Krypto-Investoren machen die Rechnung ohne die Börsenaufsicht

Bitcoin-ETF

Rechnung ohne die Börsenaufsicht

Von Alex Wehnert

Die SEC muss sich mit Zähnen und Klauen gegen einen Spot-basierten Bitcoin-ETF von Blackrock wehren.

Das Rennen um den ersten Spot-basierten Bitcoin-ETF der Vereinigten Staaten gewinnt deutlich an Fahrt und sorgt bei Krypto-Anlegern für Euphorie – die Marktteilnehmer machen die Rechnung diesbezüglich aber mal wieder ohne den Wirt. Und der Wirt heißt in diesem Fall SEC: Der US-Börsenaufsicht liegen mehrere Anträge großer Vermögensverwalter wie Blackrock, Invesco und Wisdom Tree zur Genehmigung eines direkt besicherten Bitcoin-Indexfonds vor, auch Fidelity plant angeblich einen solchen Vorstoß. Für viele Digital-Assets-Enthusiasten steht praktisch schon fest, dass die Vehikel schon bald Zulassung am weltweit wichtigsten Finanzplatz finden und über sie in großem Stil neue institutionelle Mittel in den globalen Kryptomarkt fließen werden.

Bitcoin erreichte in der Folge zuletzt das höchste Niveau seit einem Jahr, und auch das Interesse an zahlreichen Anlageprodukten auf Cyberdevisen legte in der vergangenen Woche so stark zu wie seit Juni 2022 nicht. Doch dass die SEC Spot-basierten Bitcoin-ETFs die Freigabe erteilen wird, ist heute genauso zweifelhaft wie vor dem Antrag von Blackrock in der vorvergangenen Woche. Vielmehr muss sich die Aufsicht eigentlich mit Zähnen und Klauen gegen eine Einführung solcher Indexfonds wehren, wenn sie nicht bedeutend an Autorität verlieren will.

Schließlich hat die Behörde in der Vergangenheit mehr als 30 Anträge auf Spot-Vehikel abgeschmettert. Dabei verwies sie wiederholt auf die geringe Liquidität, hohe Volatilität und starke Manipulationsanfälligkeit des Bitcoin-Spotmarktes. Mit der Investmentfirma Grayscale liegt die SEC deshalb im Rechtsstreit. Der Fondsanbieter wirft der Behörde ein widersprüchliches Vorgehen und Verstöße gegen das Wertpapierrecht vor. So habe die SEC Bitcoin-Indexfonds auf Basis von Futures bereits im Oktober 2021 zugelassen – in der Folge stieg die Cyberdevise damals auf ein Rekordhoch von rund 69.000 Dollar. Zuletzt hat die Börsenaufsicht sogar ein gehebeltes Vehikel auf Grundlage von Terminkontrakten durchgewinkt. Grayscale betont indes, dass die Börsenaufsicht verpflichtet sei, ähnliche Investmentprodukte kongruent zu regulieren.

Die Argumentation ist durchaus schlüssig, zumal die Begründung der SEC für ihre ablehnenden Bescheide zu direkten ETFs Lücken aufweist. Denn die Wechselkurse, die Bitcoin-Terminkontrakten zugrunde liegen, stellen auch nur ein Aggregat aus Daten verschiedener Kryptoplattformen dar. Wenngleich an den führenden Terminbörsen große Marketmaker unterwegs sind und für Liquidität sorgen, wirken sich eine hohe Volatilität oder Manipulationen im Spotmarkt also maßgeblich auf die Entwicklung im Futures-Handel aus. Warum ETFs, die auf Terminkontrakten beruhen, einen grundlegend höheren Schutz bieten sollten als Spot-Vehikel, erschließt sich damit nicht.

Das Problem für Produktanbieter: Wie sinnvoll die Argumentation der SEC sich wirklich darstellt, ist überhaupt nicht mehr entscheidend. Die Aufsicht hat sich in den vergangenen Jahren zu stark verkämpft. Spot-ETFs von Blackrock oder Invesco freizugeben hieße nun effektiv, die eigene Position im Rechtsstreit mit Grayscale aufzugeben. Und eine De-facto-Niederlage gegen die Kryptofirma würde einen Gesichtsverlust für die SEC und ihren Vorsitzenden Gary Gensler bedeuten.

Dies könnte besonders deshalb folgenreich werden, weil die Behörde hart gegen eine ganze Reihe von Digital-Assets-Dienstleistern vorgeht. Derzeit verfolgen die Marktteilnehmer gebannt die Klagen der SEC gegen die Handelsplattformen Binance und Coinbase, läuft speziell letzterer Fall doch auf eine Grundsatzentscheidung zur Kryptoregulierung in den USA hinaus. Denn während des Prozesses dürfte sich klären, ob Genslers Überzeugung, dass praktisch alle Cyberdevisen außer Bitcoin nicht registrierte Wertpapiere darstellen, rechtlich wasserfest ist. Ließe die Aufsicht in einer anderen fundamentalen Debatte zum Digital-Assets-Markt, jener zur Freigabe von Spot-ETFs, ihre Position fallen, würde dies trotz unterschiedlicher juristischer Sachverhalte vor allem ein Signal an andere Vertreter des Kryptosegments senden: Die mächtige Behörde knickt ein. Doch die SEC kann es sich nicht leisten, ein solches Bild abzugeben.

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