KommentarCovestro

Übernahme aus dem Lehrbuch

Neben Commerzbank und DB Schenker hebt sich das wohltuend ab: Adnoc agiert bei Covestro zielstrebig und ohne Lärm.

Übernahme aus dem Lehrbuch

Covestro

Übernahme aus dem Lehrbuch

Von Christoph Ruhkamp

Es hat zwar ein bisschen gedauert, aber jetzt ist Adnoc bei Covestro schon fast am Ziel. Die Kontrollmehrheit wird der staatliche arabische Ölkonzern aus Abu Dhabi auch dann zusammenbekommen, wenn sich Hedgefonds zunächst querstellen sollten. Denn das Angebot ist ohne Frage attraktiv für die Aktionäre. Die Energiekrise und die nachlassende Chemiekonjunktur haben dem Polymerspezialisten aus Leverkusen, der die kriselnde Autoindustrie zu seinen wichtigsten Kunden zählt, arg zugesetzt. Erst der Beginn der Übernahmeverhandlungen vor einem Jahr hievte den Kurs um die Hälfte nach oben.

Adnoc macht es vor

Das Vorgehen von Adnoc hebt sich wohltuend vom Lärm rund um Commerzbank/Unicredit und DB Schenker/DSV ab, wo die Bankbeschäftigten um Tausende Stellen bangen und der Bahn-Aufsichtsrat sich nicht einig ist, an wen verkauft werden sollte. M&A braucht langen Atem und Disziplin. Vertrauen gewinnt man nicht mit der Brechstange. Das macht Adnoc vor. Insofern hat es die Bundesregierung richtig gemacht, sich diesmal ganz herauszuhalten. Bei Covestro sind betriebsbedingte Kündigungen bis 2032 ausgeschlossen, und Adnoc wird sich laut Investorenvereinbarung daran halten. Mehr noch: Der Konzern aus Abu Dhabi bringt sogar gleich zu Anfang eine milliardenschwere Eigenkapitalspritze mit und hat mit dem 150-Mrd.-Dollar-Investitionsplan tiefe Taschen für weitere Projekte. Allein für die Covestro-Aktien muss das Unternehmen bis zu 11,7 Mrd. Euro hinlegen, die Kapitalerhöhung – mit der Covestro ihre Nachhaltigkeitsstrategie finanzieren will – kommt noch hinzu.

Arabische Investoren haben deutsche Firmen seit langem auf dem Radar. Allein der katarische Staatsfonds QIA hat 30 Mrd. Euro nach Deutschland gepumpt und hält Anteile an deutschen Blue Chips wie Siemens (4%), VW (17%), Hapag-Lloyd (14,4%) – an der auch Saudi-Arabien substanziell beteiligt ist – und Deutsche Bank (6%).

Angesichts der Krise der deutschen Industrie sollten arabische Investoren höchst willkommen sein – vor allem, wenn es so reibungslos läuft wie bei Covestro. Das Ganze stellt sich stringent und glaubwürdig dar. Der arabische Investor glänzt mit klaren positiven Ansagen, wo DSV aus Dänemark bei DB Schenker um den Stellenabbau herumredet. Selbstverständlich ist das glatte Durchgehen des Covestro-Deals nicht: Immerhin ist es nicht nur der größte M&A-Deal in diesem Jahr in Europa. Es wäre auch die erste Komplettübernahme eines Dax-Konzerns durch einen Staatskonzern aus den Golfstaaten.

Neben Commerzbank und DB Schenker
hebt sich das wohltuend ab: Adnoc agiert bei Covestro zielstrebig und ohne Lärm.

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