Altersvorsorge

Mehr Pep für die Vorsorge

Die Europarente wird Zeit brauchen, um sich zu etablieren. Kleine Volumina in den ersten Jahren bedeuten aber nicht, dass das Produkt scheitert.

Mehr Pep für die Vorsorge

Seit dem 23. März ist es amtlich: Mit Veröffentlichung der Verordnung zum Pan-European Personal Pension Product (PEPP) läuft der Countdown für Anbieter, die ab März 2022 eine Europarente anbieten wollen. Die EU setzt große Hoffnungen in die Europarente als neues Instrument zur Altersvorsorge, mit dem mehr Menschen erreicht und mehr Kapital bewegt werden sollen. Die PEPP-Geschichte ist lang. Bei den Vorarbeiten vor sechs Jahren wurde prognostiziert, dass das angesparte Kapital im PEPP auf 700 Mill. Euro anwachsen könnte, zusätzlich zu den 1,4 Bill Euro in den privaten Systemen. Das langfristige Ziel war es, dass der PEPP eine Vorsorgeform mit einem Volumen von mehreren Billionen Euro wird.

Das neue EU-Produkt ist kein Hexenwerk, doch es zeichnet sich durch einige Besonderheiten aus. Das PEPP soll jedem Europäer unabhängig von Alter und Beruf offenstehen und von Finanzdienstleistern mit Sitz in der EU angeboten werden. Der Clou: PEPP-Produkte lassen sich problemlos in andere EU-Staaten mitnehmen und weiterführen. Insofern trägt das PEPP auch zu einem Binnenmarkt für Altersvorsorgeprodukte und zur Verwirklichung einer Kapitalmarktunion bei.

Auch mit verhältnismäßig niedrigen Gebühren kann das neue Rentenprodukt punkten. Gebühren und Verwaltungskosten sind beim Basisprodukt grundsätzlich auf 1% des pro Jahr angesparten Kapitals gedeckelt. Zwar widersetzten sich potenzielle Anbieter vehement der unflexiblen Gebührenobergrenze, die auch die anfängliche Anlageberatung einschließt. Dies mache das Produkt ihrer Meinung nach unrentabel. Doch die Gebührengrenze ist erstmal gesetzt und die Auseinandersetzung erinnert an die Diskussion über die Kosten der Riester-Produkte. Doch auch hier gibt es durchaus Anbieter, die mit 1% auskommen und deren Produkte in nennenswerter Zahl verkauft wurden. Insofern ist der Hinweis aus der Finanzbranche, dass ein beratungsintensives Produkt wie die Altersvorsorge mit dem Kostendeckel nicht angeboten wird, eher zu bezweifeln.

Nachdem die europäische Versicherungsaufsicht EIOPA Mitte 2020 den Gesetzentwurf zur Umsetzung der Europarente vorgelegt hatte, äußerten sich Verbraucherschützer erfreut. Fast alle Stakeholder seien optimistisch, dass PEPP ein Erfolg werde, ließ der Bund der Versicherten verlauten. Better Finance führte aus, dass das PEPP durch ein gutes Beitrag-Leistung-Verhältnis die Chance für eine angemessene Vorsorge biete.

Im Ablauf ist der Weg klar. In Berlin erfolgt die Umsetzung des PEPP im Rahmen des Gesetzes zur begleitenden Ausführung der Verordnung (EU) 2020/1503 und der Umsetzung der Richtlinie EU 2020/1504. Ungeachtet dieser technischen Fragen scheint die Begeisterung in der Politik für das PEPP gering. Beim Blick in die Wahlprogramme findet sich etwa bei der FDP der Hinweis, dass Sparer selbst über Renditechancen, Anlageformen und Anlagedauer entscheiden sollen. „Das öffnet auch die europaweite Altersvorsorge (PEPP) für die staatliche Förderung in Deutschland.“ Ansonsten wird auch hier mehrfach das Schwedenmodell eines staatlichen Fonds mit hohem Aktienanteil erwähnt, auf das auch die SPD verweist. Die Grünen wiederum schweigen sich zur Europarente ebenfalls aus und präferieren einen Bürgerfonds.

Das Thema Rente wird seit Jahren verwirrend und kontrovers diskutiert – das PEPP scheint aus Sicht der deutschen Experten keine Lösung des Problems zu sein. Gelegentlich wird es gar als sechster Durchführungsweg der betrieblichen Vorsorge gesehen – neben Direktversicherung, Pensionskasse, Pensionsfonds, Unterstützungskasse und Pensionszusage.

In all dem Durcheinander um eine gute private Altersvorsorge mit und ohne Förderung scheint die Europarente PEPP nicht recht zu punkten. Doch bei all dem Streit könnte sich das Produkt vielleicht auf Dauer durchsetzen. Wenn sich die Mitgliedstaaten, die es nun mal auf den Weg gebracht haben, wirklich dafür einsetzen würden. Mit einem klaren und dominierenden Produkt wäre am Vorsorgemarkt schon mal etwas gewonnen.

Ohne Frage, das PEPP wird Zeit brauchen, um sich zu etablieren. Doch kleine Volumina in den ersten Jahren bedeuten nicht, dass das Produkt scheitern muss. Die EU-Fonds der Marke Ogaws (oder englisch Ucits) wuchsen nach ihrem Start Mitte der 1980er viele Jahre lang sehr langsam. Doch Ende 2020 haben Ogaws ein verwaltetes Vermögen von 11,6 Bill. Euro erreicht.