KommentarEU-Handelspolitik

Mehr Pragmatismus wagen

Es muss wieder mehr Pragmatismus Einzug in die EU-Handelspolitik halten. Dies gilt insbesondere auch für das Verhältnis zu China.

Mehr Pragmatismus wagen

EU-Handelspolitik

Geeint für mehr Pragmatismus

Von Andreas Heitker

Es kommt selten vor, dass sich Vertreter der deutschen Wirtschaft und der Politik so einig sind wie beim Thema europäische Handelspolitik. Diese gehört nämlich nach Meinung aller Beteiligten von der neuen EU-Kommission gründlich auf den Prüfstand gestellt. Auf dem „Tag der Industrie“ wurde am Montag noch einmal deutlich, wie unzufrieden sowohl Regierung als auch Unternehmen damit sind, dass wichtige Freihandelsverträge auf Eis liegen oder sogar gescheitert sind. Dies liegt an nationalen Einzelinteressen, vor allem aber auch an dem Drang der Europäer, Handelsverträge für den Import von eigenen Wertvorstellungen zu nutzen und sie damit schlicht zu überfrachten. Bundeskanzler Olaf Scholz hat recht: Dass es der EU-Kommission in der aktuellen geopolitischen Lage kaum noch gelingt, neue Freihandelsabkommen in trockene Tücher zu bekommen, ist nicht akzeptabel. Dies muss in den nächsten fünf Jahren unter einem neuen europäischen Handelskommissar deutlich besser werden.

Es muss wieder mehr Pragmatismus Einzug in die Handelspolitik halten. Und dies gilt insbesondere auch für das Verhältnis zu China. Es ist ein positives Zeichen, dass es am Wochenende zu einem Austausch von EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis und seinem chinesischen Counterpart Wang Wentao über das Thema Strafzölle gekommen ist. Dies ist aber nur ein erster Schritt. Und dass ein Zollkrieg, aus dem nur Verlierer hervorgehen würden, noch vermieden wird, ist auch nach dieser Videoschalte Brüssel-Peking längst nicht klar. Die Eskalationsspirale kann sich immer noch sehr schnell zu drehen beginnen – was die EU mit aller Macht versuchen sollte zu verhindern. Es geht hier um weit mehr als den Markt für Elektroautos. Ob es in dieser sensiblen Situation hilfreich ist, jetzt erst einmal „ernsthafte Bewegung und Fortschritte“ von der chinesischen Seite einzufordern, wie es der Bundeskanzler am Montag getan hat, sei einmal dahingestellt. Natürlich steht der Schutz der europäischen Wirtschaft vor unfairen Handelspraktiken im Fokus. Verbale Abrüstung könnte aber auch hier hilfreich sein.


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