Washington

Mit dem Rücken zur Wand

Für den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump und dessen Firmenimperium schlägt die Stunde der Wahrheit: Am Montag sollten Trumps Topmanager eine letzte Chance bekommen, der Staatsanwaltschaft ein Strafverfahren auszureden.

Mit dem Rücken zur Wand

Seit dem Amtsantritt von US-Präsident Joe Biden kursieren Gerüchte um mögliche Strafverfahren gegen dessen Vorgänger Donald Trump und seine Mitarbeiter. Wie gut informierte Kreise nun bestätigen, könnte New Yorks Staatsanwaltschaft schon bald Anklage erheben, allerdings nicht nur gegen den ehemaligen Präsidenten. Offenbar hat Manhattans Staatsanwalt Cyrus Vance Trumps gesamtes Firmenimperium mit seinen etwa 22500 Mitarbeitern im Visier. Vance erwägt demnach, ein spezielles Gesetz anzuwenden, das seinerzeit verabschiedet wurde, um kriminelle Organisationen zu verurteilen.

1971 hatte der damals 25-jährige Senkrechtstarter Donald J. Trump das Firmenkonglomerat seiner Eltern übernommen. Das Kerngeschäft mit gewerblichen Immobilien baute der Jungunternehmer schnell aus. Er baute Hotels und Kasinos, gründete eine Fluggesellschaft und die private „Trump University“. Er übernahm Modelagenturen sowie Schönheitskonkurrenz-Wettbewerbe, stieg ins Einzelhandelsgeschäft ein und verkaufte alles von Krawatten und Steaks bis hin zu Wodka und Weißwein. Der Schuldenberg der „Trump Organization“ geriet in den neunziger Jahren aber außer Kontrolle. Sechsmal meldete der Unternehmer Konkurs an.

Dort rühren auch einige Probleme her, die den ehemaligen Präsidenten bis heute verfolgen. Ermittelt wird gegen Trump unter anderem wegen Kreditbetrugs, Zahlung von Schweigegeldern und Steuerhinterziehung. Nun dürfte sich Vance der sogenannten RICO-Gesetze (Racketeer Influenced and Corrupt Organizations) bedienen. Diese ermöglichen es der Staatsanwaltschaft, ganze Organisationen anzuklagen, wenn deren Mitarbeiter sich über längere Zeit durch „ein beständiges Muster kriminellen Verhaltens auszeichnen“.

Am Montag sollten sich Staatsanwälte mit leitenden Managern des Firmenkonglomerats treffen. Diese sollten eine letzte Chance erhalten, der Staatsanwaltschaft eine Strafverfolgung auszureden. Als sicher gilt, dass zumindest Allen Weisselberg, der langjährige Finanzchef und einer der engsten Vertrauten des ehemaligen Präsidenten, angeklagt wird. Sollte er aus dem Nähkästchen plaudern, könnten auch Klagen gegen den ehemaligen Präsidenten und einige seiner Familienmitglieder folgen.

Im Falle einer Verurteilung drohen Gefängnisaufenthalte und massive Geldstrafen, die selbst größere Unternehmen zu Fall bringen können. „Mich wundert überhaupt nicht, dass diese Möglichkeit nun zur Debatte steht“, sagt der frühere Staatsanwalt Jeffrey Robbins. Er weist darauf hin, dass Trumps ehemaliger Anwalt Michael Cohen gegen ihn ausgesagt hat und der Staatsanwalt im Besitz der Steuerunterlagen des ehemaligen Präsidenten ist. Robert Blakey, Rechtsprofessor an der Nôtre-Dame-Universität, glaubt, „dass dann für die Trump-Organisation die Tage ge­zählt wären“.

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Vier Millionen Amerikaner gaben laut Arbeitsministerium im April freiwillig ihren Job auf. Ein Drittel davon entfiel auf den Einzelhandel und das Gastgewerbe, wo oft nur der gesetzliche Mindestlohn von 7,25 Dollar pro Stunde gezahlt wird. Unternehmen beklagen sich darüber, dass angesichts der Arbeitskräfteknappheit in den USA Beschäftigte plötzlich den Luxus haben, sich nach besser bezahlten Stellen umzusehen.

Anders schätzen sozialliberale Experten wie die Jamila Michener, Politologieprofessorin an der Cornell-Universität, die Lage ein. „Wir sollten diesen Paradigmenwechsel begrüßen“ sagt sie. Als Folge sei zunehmende Kreativität zu beobachten, die insbesondere kleinere Betriebe auszeichnet. Viele heben die Löhne an, erlauben ihren Mitarbeitern, 100% ihrer Trinkgelder zu behalten, und bieten diesen sogar Lebensversicherungen an. Stellvertretend für den neuen Trend steht Aisha Cole, eine Jungunternehmerin, die in Atlanta eine kleine Kette veganer Restaurants besitzt. „Ich gebe meinen Mitarbeitern auch Kapitalanteile an der Firma“, erklärt die 33-Jährige. „Wir müssen als Firmenbesitzer diese neue Realität akzeptieren, dass nämlich Anreize notwendig sind, um Arbeitnehmer bei Laune zu halten, selbst wenn wir dafür geringere Gewinnmargen in Kauf nehmen.“