LeitartikelStrategie-Update

BASF zeigt Mut

Es zeugt von Mut, dass BASF unter neuer Führung in schwieriger Zeit mit einer Mittelfristprognose in den Markt geht.

BASF zeigt Mut

BASF

Mutiger Weitblick

Von Sabine Wadewitz

Es zeugt von Mut,
dass BASF unter neuer Führung in schwieriger Zeit mit einer
Mittelfristprognose in den Markt geht.

Der neue BASF-Chef Markus Kamieth wagt sich in sehr schwieriger Phase der Chemieindustrie mit einem Strategie-Update nach vorn. Die Branche hat noch mit den Nachwehen des Energiepreisschocks zu kämpfen, leidet unter der anhaltend schwachen Konjunktur, unterausgelasteten Kapazitäten, Unsicherheiten auf den Weltmärkten und steckt in intensivem Wettbewerb − vor allem aus China. Und neben diesen wirtschaftlichen Herausforderungen ist die grüne Transformation zu bewältigen, die für energieintensive Industrien besonders teuer ist. In einem wirtschaftlich so düsteren Umfeld stehen Kostensenkung und Ertragssicherung klar im Mittelpunkt, der strategische und finanzielle Spielraum ist in dieser Lage begrenzt. Umso bemerkenswerter, dass ein Management dennoch den Mut hat, mit einer Mittelfristprognose in den Markt zu gehen. Ein Unterfangen, das BASF seit Jahren tunlichst vermieden hatte.

Schon länger Enttäuschung im Markt

In der Beurteilung des Strategie-Updates ist zu berücksichtigen, dass BASF schon lange vor den gegenwärtigen Problemen mit Wachstumsschwäche zu kämpfen hatte und die Erwartungen der Investoren keineswegs erfüllte. Insofern kommt es gut an, dass der Dax-Konzern nun nicht mit noch einem zusätzlichen Sparprogramm aufwartet, sondern eine grundlegende Neuausrichtung auf den Weg bringt. Um gegen die Behäbigkeit eines Supertankers vorzugehen und Werte zu „entfesseln“, will BASF den Unternehmensbereichen mehr Eigenständigkeit, aber auch mehr Verantwortung für die Ertragssteigerung geben. Über höhere Transparenz, eine dezentrale Steuerung, auch von Investitionen, sowie mehr operative Flexibilität erhoffen sich Vorstandschef Kamieth und sein Team, den „vollen Wert“ der Geschäfte stärker herausstellen zu können. Das dürfte ein gangbarer Weg sein, um Underperformer im Konzern schneller zu entlarven und starke Ertragsbringer gezielter voranzubringen. Und es sollte Investoren die Bewertung des Konzerns erleichtern.

Neue Rollenzuteilung

Verbunden mit der Neuausrichtung ist eine stärkere Fokussierung des Geschäfts. BASF soll nicht mehr als breit diversifizierter integrierter Konzern gesteuert werden, sondern in klarer Differenzierung zwischen Kerngeschäft und Standalone-Einheiten, die für ein Viertel des Umsatzes stehen. Zugordnet werden die neuen Rollen über die Ausrichtung des Geschäfts, die Marktposition, die Wettbewerbsstruktur sowie Synergien. Vorbereitet wurde die stärkere Verselbständigung von Agrarchemie und Coatings/Lackgeschäft schon vor dem CEO-Wechsel. Der Neueinstieg ins Geschäft mit Batteriematerialien war von vornherein mit Blick auf Optionen zur Risikobegrenzung so angelegt, dass die Einheit auf eigenen Füßen steht. Die neue Rollenverteilung spiegelt sich in der Kapitalallokation und zielt ebenfalls auf höhere Multiples. Das gilt für alle Segmente, soll sich aber vor allem in den auf Sicht möglicherweise für Verkauf oder Carve-out vorgesehenen Aktivitäten Agro und Coatings auszahlen − denn gerade diese Segmente sind alles andere als Underperformer.

Großes Interesse

Analysten haben es durchgerechnet und gehen davon aus, dass die zum Auftakt auserwählten Standalone-Einheiten im Fall des Falles großes Interesse im Markt wecken dürften. Für das Segment Coatings schätzen sie den Wert auf mehr als 7 Mrd. Euro, den Erlös aus der Abgabe eines Minderheitsanteils am Agrargeschäft bei einem IPO auf mindestens eben so viel. In Summe entspricht das einem Drittel des heutigen BASF-Börsenwerts − und der Konzern wäre fast schuldenfrei. Auch das weckt Fantasie.

Aktiveres Portfoliomanagement

BASF verspricht dauerhaft ein aktiveres Portfoliomanagement. Entwicklungen wie beim US-Wettbewerber DuPont, der sich zum zweiten Mal innerhalb weniger Jahre dreiteilt, waren nicht zu erwarten und kaum angeraten. Aber BASF war diesbezüglich unbeweglich. Ein Analyst merkte auf dem Kapitalmarkttag etwas sarkastisch an, der Konzern habe sich ja nun immerhin 50 Jahre nach dem Einstieg ins Öl- und Gasgeschäft wieder davon getrennt und stelle 20 Jahre nach Erwerb das Auto-Katalysatorgeschäft ins Schaufenster. Hier ist Kamieth in der Pflicht, wenn er jetzt eine aktive Beteiligung an der Konsolidierung der Chemieindustrie in Aussicht stellt.