Notiert inSchanghai

Chinas Top-Diplomaten brauchen ein dickes Fell

Rechtzeitig vor dem Präsidentenwechsel in den USA sind extrem hoch angesehene chinesische Sonderbotschafter in Washington eingetroffen. Ihre Mission ist es, geballte Soft Power zu entfalten.

Chinas Top-Diplomaten brauchen ein dickes Fell

Top-Diplomaten brauchen ein dickes Fell

Von Norbert Hellmann

Echte VIPs erkennt man daran, dass sie ihre Reiseaktivitäten mit eigenen Flugzeugen zu bestreiten pflegen. Die Maschinen sind nicht nur auf ihre exklusiven Komfortbedürfnisse zugeschnitten. Auch an der Außenlackierung sieht man schon von weitem, dass da nicht irgendwer im Jet sitzt. Zwei hochrangige chinesische Emissäre namens Bao Li und Qing Bao haben sich mit ihrer Spezialmaschine nach Washington aufgemacht, um einen rauschenden Empfang als Very Important Pandas (VIP) zu genießen.

All-inclusive Service

Die Superstars werden in bester Hauptstadtlage des Smithsonian National Zoo eine aufwendig renovierte und geräumige Residenz beziehen. Ihre Green Card ist laut Entsendungsbestimmung auf zehn Jahre ausgelegt. Vielleicht kann sie sogar verlängert werden, wenn die politischen Winde günstig liegen. Man wird sehen. Zunächst einmal ist für aufmerksamen Rundum-Service mit eigens angelernten Caterern, Butlern und medizinischen Betreuern gesorgt. Da sie es im Panda Research Institute in Chengdu gewöhnt sind, vom Personal im Sichuan-Dialekt angeredet zu werden, bekam auch die US-Entourage Nachhilfestunden. Es gilt, flüssig zu kommunizieren, um hübschen schwarzen Ohren zu schmeicheln und Wünsche von der Schnauze abzulesen.

Entspannte Terminlage

Die Terminagenda wirkt nach den Reisestrapazen betont wellnesslastig. Es gilt, in angemessener Ruhe die neue Umgebung zu erkunden, die Bambusqualität eingehend zu prüfen, um dann topfit zum ersten Publikumsauftritt am 24. Januar im Freigehege zu erscheinen. Die US-Fangemeinde muss sich also noch ein wenig gedulden, ist aber dennoch erleichtert. Zu ihrem Entsetzen ließ Peking vor zwei Jahren angesichts extrem angespannter bilateraler Beziehungen eine Art Eiszeit in der seit 1972 mit den USA gepflegten „Panda-Diplomatie“ ausrufen.

Alles wieder im Lot

Nach und nach wurden dickfellige Botschafter in verschiedenen Zoos wegen Erreichen der Altersgrenze oder aus gesundheitlichen Gründen abberufen, und zwar ohne die übliche Aussicht auf geeigneten Ersatz. Man ließ Amerika aufreizend lange mit dem Gedanken an eine gänzlich pandalose Zukunft schmoren. Dann im November 2023 beim ersten US-Besuch nach über fünf Jahren gab Chinas Staatspräsident gnädig grünes Licht für eine Wiederaufnahme des Panda-Exchange-Programms. Neben Washington werden auch Zoos in Atlanta, Memphis, San Francisco und San Diego nach und nach alle wieder mit einer VIP-Lounge aufwarten können.

Just-in-time-Lieferung

Peking betont stets, dass die Panda-Leihe nichts mit Politdiplomatie, sondern mit Völkerverständigung und wissenschaftlicher Kooperation zur Arterhaltung zu tun hat. Irgendwie aber schmiegt sich das Timing der Washington-Mission auffällig eng um einen Wechsel im Weißen Haus: Ankunft drei Wochen vor der US-Wahl, erste Showeinlage drei Tage nach Amtseinführung des neuen Präsidenten. Egal, auf wen die Wahl fällt, die Goodwill-Botschafter sind zur rechten Zeit am richtigen Ort, um Chinas Image in ein mild- tollpatschiges Licht zu rücken.

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