Mailand

Nun kann der Sommer im Bel Paese endlich beginnen

Endlich können Touristen aus EU-Staaten­ wieder nach Italien einreisen – ohne dann erst mal fünf Tage in Quarantäne gehen zu müssen. Wer nicht vollständig geimpft oder genesen ist, muss lediglich einen Antigentest vorweisen, der nicht älter als 48...

Nun kann der Sommer im Bel Paese endlich beginnen

Endlich können Touristen aus EU-Staaten­ wieder nach Italien einreisen – ohne dann erst mal fünf Tage in Quarantäne gehen zu müssen. Wer nicht vollständig geimpft oder genesen ist, muss lediglich einen Antigentest vorweisen, der nicht älter als 48 Stunden ist. Auch Covid-getestete Flugpassagiere aus den USA, Japan, Kanada und den Vereinigten Emiraten müssen nach der Ankunft im Bel Paese nicht mehr in Quarantäne.

Aufatmen an den Stränden in Ligurien, wo die Strandbäder gerade aufgemacht haben, und in Kunstmetropolen wie Florenz, Rom und Venedig. Denn auch die Sperrstunde beginnt nun erst um 23 Uhr. Am 21. Juni soll sie ganz fallen. Nachdem Spanien und Griechenland großzügig geöffnet hatten, fürchtete die arg gebeutelte Tourismusbranche Italiens, die für 13% des Bruttoinlandsprodukts steht, in diesem Sommer von ausländischen Touristen links liegen gelassen zu werden. Mehr als 30 Millionen Italiener haben eine Erstimpfung. Kleinere Inseln wie Capri und Procida sind durchgeimpft. Sie sind besonders vom Tourismus abhängig.

Premierminister Mario Draghi gab endlich nach. Vor allem die rechtsnationale Regierungspartei Lega hatte massiv auf eine rasche Öffnung gedrungen. Die jetzige Lösung ist noch keine Rückkehr zum Dolce Vita, obwohl man angesichts voller Einkaufsstraßen und langer Warteschlangen vor Ge­schäften, Restaurants und Bars den Eindruck voller Freiheit hat. Nur die auch draußen obligatorischen Masken erinnern daran, dass Corona nach wie vor da ist.

Restaurants dürfen schon seit Ende April draußen öffnen. Nun darf man länger sitzen bleiben, und ab 1. Juni dürfen Gäste auch innen speisen. Zwar ist die Vorsaison wohl größtenteils verloren, weil sich viele Touristen bisher nicht trauten zu buchen. Doch zu Pfingsten dürften zumindest einige Spätentschlossene kommen, und im Juli und August könnte es voll werden, denn 86% der Italiener wollen im Urlaub im eigenen Land bleiben.

Viele Unterkünfte sind ohnehin schon seit Wochen ausgebucht. Etliche Stadtbewohner haben Ferienhäuser für mehrere Wochen gebucht. Sie haben sich aufs Land zurückgezogen, in die Toskana, in die Marken, an die ligurische Küste, nach Sardinien oder nach Apulien. Das Homeoffice macht es möglich. Wer das Meer gewählt hat, kann sich freuen, denn die Wasserqualität hat sich verbessert: 416 Meeresorte, neun mehr als 2020, haben die blaue Fahne erhalten – den Ausweis der höchsten Qualität. In Ligurien soll das Wasser besonders sauber sein.

Doch das Baden in Italien ist nicht günstig. Von den 8000 Kilometern Küstenlinie sind 50% in Händen von Strandbadbetreibern. Und die langen finanziell bisweilen durchaus hin: Sonnenschirm und Liege für zwei Personen können 50 Euro pro Tag oder mehr kosten – zumal die Abstände coronabedingt größer sein müssen. Strandbäder sind eine Goldgrube für die Betreiber, denn die an den Staat abzuführende Konzessionsgebühr ist meist lächerlich gering. Im Durchschnitt sind das 10000 bis 15000 Euro pro Jahr, manchmal gar nur einige 100 Euro. Die Vergabe der Konzessionen erfolgte oft auf undurchsichtige Weise: an Freunde, Bekannte oder einfach an Leute, denen man einen Gefallen schuldet.

Die EU dringt seit Jahrzehnten auf eine Ausschreibung der Konzessionen. Doch die Regierung aus der Fünf-Sterne-Bewegung und der Lega verlängerte die Konzessionen 2018 einfach per Federstrich bis 2033: ein klarer Verstoß gegen die Bolkestein-Richtlinie zur Liberalisierung des Dienstleistungsmarktes, die bis 2009 auf nationaler Ebene umgesetzt werden sollte. Doch seitdem auch der italienische Staatsrat und die nationale Wettbewerbsbehörde Untersuchungen eingeleitet haben, ist der Druck gewachsen, die Konzessionen doch neu auszuschreiben. Denn Italien hat sich im Zusammenhang mit dem europäischen Wiederaufbauprogramm verpflichtet, Märkte zu öffnen.

Die Strandbäder haben sym­bolische Bedeutung. Ist es Rom ernst, eingegangene Verpflichtungen diesmal umzusetzen? Es gilt als unwahrscheinlich, dass die Regierung ausgerechnet nach der Corona-Pandemie durchgreift. Schon ist die Rede von einer „Mini-Verlängerung“. Danach ist das Geld aus Brüssel eingegangen und Draghi ist weg.