KommentarMercedes-Benz

Ohne Masse keine Klasse

Nur wenn Mercedes-Benz eine Rückkehr zum Absatzwachstum gelingt, wird das Unternehmen von 2027 an seine Profitabilität wieder steigern.

Ohne Masse keine Klasse

Mercedes-Benz

Ohne Masse
keine Klasse

Von Joachim Herr

Nur wenn Mercedes-Benz eine Rückkehr zum Absatzwachstum gelingt, steigt die Profitabilität.

Die Wirklichkeit hat die Erwartungen und Hoffnungen des Vorstands von Mercedes-Benz überholt und ist weit vorausgeeilt. Es war im Mai 2022 an der Côte d’Azur, als Konzernchef Ola Källenius Investoren seine Luxusstrategie präsentierte. Im Hochgefühl von damals glänzenden Margen und einer Nachfrage, die das Angebot übertraf, verkündete Källenius das Ziel, bis 2026 den Absatz um jeweils rund 5% im Jahr zu steigern. Die bereinigte operative Marge im Pkw-Segment sollte von 2025 an rund 14% erreichen.

Das war kein wilder Traum des CEO: In den ersten drei Monaten 2022 hatte die Umsatzrendite mit 16,4% überzeugt. Zur Verteidigung von Källenius sei zudem erwähnt, dass die 14% das Ziel für günstige Marktbedingungen waren. Von einem solchen sonnigen Szenario sind Mercedes-Benz und die gesamte Autobranche so weit entfernt wie die Strecke von der Côte d’Azur nach Stuttgart für einen Fußgänger.

Mit scharfer Klinge

Jetzt geht auch Mercedes-Benz wie Volkswagen mit scharfer Klinge an die Produktionskapazität. In den nächsten drei Jahren soll sich der Wert um immerhin gut ein Zehntel bis ein Fünftel verringern. Gleichzeitig bekräftigt Källenius das Ziel zu wachsen. Das klingt nach einem Widerspruch. Der Blick des Vorstandschefs richtet sich allerdings schon aufs Jahr 2027. Dann soll es von der bis dahin verkleinerten Basis aufwärtsgehen.

Das Management setzt auf die neuen Modelle, die bis dahin auf den Markt fahren sollen. Das langsamere Hochlaufen der Elektromobilität als erwartet hat Folgen für die Palette: Etwa die Hälfte der rund 20 Neuheiten wird mit einem Verbrennungsmotor ausgestattet sein. Mit Blick auf die Wünsche der Kunden und die Politik von Donald Trump ist das nicht verkehrt. Für den Klimaschutz ist es ein Rückschritt.

Keine Abkehr von der Luxusstrategie

Für die Profitabilität von Mercedes-Benz ist diese Entwicklung tendenziell von Vorteil. Auch wenn es dem Unternehmen wie angestrebt gelingt, die Margenlücke zwischen E-Autos und Verbrennern zu verringern, liegen die traditionell angetriebenen Fahrzeuge weiterhin vorn. Positiv für die Rentabilität könnte sich auch auswirken, dass die Mehrzahl der angekündigten neuen Modelle zur Kategorie Top End gehören. Hier erzielen die S- und G-Klasse, Maybach und AMG die höchsten Margen.

Källenius hält an seiner Luxusstrategie fest. Klasse statt Masse ist der richtige Weg. Allerdings gibt es auch für Mercedes-Benz eine kritische Masse. Ohne eine Rückkehr zu Absatzwachstum, vor allem in China, lässt sich auch das gesenkte Renditeziel kaum erreichen.

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