„Partners in Crime“ – Private Equity pusht die PR-Berater
„Partners in Crime“ – Private Equity pusht die PR-Berater
Ob KKR bei FGS Global, CVC bei Teneo, BDT bei Brunswick oder Investcorp bei SEC Newgate: Finanzinvestoren beteiligen sich an strategischen Kommunikationsagenturen. Das sind lukrative Investments. Zugleich entsteht ein Dschungel aus Interessenkonflikten.
Von Sabine Reifenberger und Christoph Ruhkamp, Frankfurt
Philipp Freise, Partner beim US-Finanzinvestor KKR, war ohne Frage begeistert: „Herzlichen Glückwunsch an meinen Freund und Partner in Crime Alexander Geiser“, postete der Co-Head of European Private Equity vor einigen Monaten auf Linkedin. Geiser, CEO der strategischen Kommunikationsberatung FGS Global, sei vom „Handelsblatt“ als einziger strategischer Kommunikationsprofi in den Reihen der Top-Dealmaker Deutschlands anerkannt worden. „Dies ist nicht nur ein Beweis für die großartige Arbeit, die er und das FGS-Global-Team leisten, sondern auch für den entscheidenden Wert, den Kommunikation für Transaktionen und Geschäftserfolg in unserer modernen Stakeholder-Wirtschaft bietet“, jubelte Freise. „Ich bin sehr stolz darauf, durch die jüngste Investition von KKR Alex’ Partner bei FGS Global zu sein. So wird’s gemacht!“
KKR hatte kurze Zeit zuvor rund 30% an FGS Global erworben, während der Werbekonzern WPP noch 50,1% hält. Die verbleibenden 20% teilen sich auf knapp 600 Mitglieder des Senior Teams auf, darunter das Top-Management – bei insgesamt 1.400 Beschäftigten. Geiser ist CEO, gemeinsam mit dem Co-CEO Andrew Cole in Nordamerika. Chairmen sind die Gründer von Finsbury, Glover Park Group (GPG) und Sard Verbinnen. Geführt wird das Unternehmen von einem rund 20-köpfigen Global Executive Committee.
Philipp Freise, KKREs gab keinen offiziellen Verkaufsprozess, wir haben bilateral mit FGS das Gespräch gesucht.
„Es gab keinen offiziellen Verkaufsprozess, wir haben bilateral mit FGS das Gespräch gesucht“, erinnert sich Freise im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. „Es gibt einen Meta-Trend zur Beratung in Stakeholder-Fragen. Früher haben CEOs nur McKinsey angerufen. Heute rufen sie auch Alexander Geiser an.“
Finanzinvestoren im Rücken
Der Einstieg von KKR bei FGS ist kein Einzelfall in der Private-Equity-Branche. So hat sich der in Amsterdam börsennotierte Finanzinvestor CVC 2019 an der strategischen Kommunikationsberatung Teneo beteiligt, einem der wichtigsten Rivalen von FGS. Das damalige Teneo-Management erhielt einen signifikanten Minderheitsanteil. CVC hat im Laufe der Jahre zusätzliches Kapital für insgesamt elf Akquisitionen beigesteuert, etwa für die Übernahme des britischen Restrukturierungsgeschäfts von Deloitte und den Kauf der Politikberatung West Exec Advisors, die 2017 unter anderem von Antony Blinken gegründet wurde.
2023 war mit einem Umsatz von mehr als 600 Mill. Dollar ein Rekordjahr für Teneo. Die Zahl der Beschäftigten hat sich seit dem CVC-Einstieg auf 1.600 verdoppelt. Neben Strategie und Kommunikation geht es um Financial Advisory, Management Consulting, People Advisory und Risk Advisory. Auch die beim Einstieg 2021 mit 580 Mill. Euro bewertete PR-Firma Brunswick Group, der dritte Konkurrent in der Dreiergruppe der global vertretenen PR-Berater, hat mit BDT Capital einen Finanzinvestor als Miteigentümer, die Beteiligungsgesellschaft von „Warren Buffetts Banker“ Byron Trott.
Jose Pfeifer, InvestcorpDie Schlüsselpersonen an Bord zu halten, ist bei Transaktionen in dieser Branche entscheidend.
An der Kommunikationsberatung SEC Newgate aus Italien ist seit 2023 die Investmentgesellschaft Investcorp beteiligt. Wie aus der Deal-Mitteilung hervorgeht, hat Investcorp einen Mehrheitsanteil übernommen und im Zuge einer Kapitalerhöhung rund 90 Mill. Euro eingebracht. Die weiteren Anteilseigner, darunter Three Hills Capital Partners, blieben beteiligt. „Die Schlüsselpersonen an Bord zu halten, ist bei Transaktionen in dieser Branche entscheidend“, sagt Jose Pfeifer, Managing Director bei Investcorp.
Auch bei Management-, Strategie- und IT-Beratungen häufen sich Übernahmen. Die hohe Dynamik zeige den starken Wettbewerbsdruck in der Branche, erklärt Jörg Hossenfelder, geschäftsführender Gesellschafter des auf den Beratermarkt spezialisierten Analysehauses Lünendonk & Hossenfelder. „Für größere Mandate braucht ein Beratungshaus zunächst einmal Sichtbarkeit qua Umsatzgröße, aber auch professionelle Strukturen. Beides ist ab etwa 100 Mill. Euro Umsatz gegeben, für viele kleinere Häuser steigt dagegen der Druck“, erklärt er. PE-Investitionen seien ein Mittel, um über die Integration kleiner Wettbewerber zu einer Plattform aufzusteigen.
Kleinteilige Branche
Bei den Beteiligungen geht es den Finanzinvestoren natürlich in erster Linie darum, Geld zu verdienen. Man kann in der kleinteiligen Beraterbranche regionale Häuser zu global vertretenen Anbietern zusammenführen. Auch SEC Newgate will als aktiver Konsolidierer auftreten, erklärt Investmentmanager Pfeifer. Seit Abschluss der Transaktion im Dezember 2023 kamen bereits zwei Add-ons in den Niederlanden und in Griechenland hinzu.
Ein sehr eindrückliches Beispiel für die zunehmende Verdichtung findet sich im Portfolio von WPP: 2018 hat der Investor die Beratungshäuser Burson-Marsteller und Cohn & Wolfe zu BCW fusioniert. Nun soll BCW mit Hill & Knowlton zu Burson verschmelzen, die Einheit soll zur zweiten Jahreshälfte aktiv werden. Solche Veränderungen haben Wettbewerber im Blick. „Solche Transaktionen führen oftmals zu Interessenkonflikten“, vermutet Fiorenzo Tagliabue, Group CEO bei SEC Newgate. „Wir sehen solche Situationen als Gelegenheit für uns, neue Kunden zu gewinnen.“
SEC Newgate will den Wachstumskurs sowohl organisch als auch über M&A fortsetzen, als Zielregion hat Tagliabue unter anderem Skandinavien im Blick.
Auf Einkaufstour
Die Kommunikationsagentur Farner Group aus Zürich ist ebenfalls mit PE-Unterstützung auf Einkaufstour. Waterland Private Equity ist seit 2021 zu 50% beteiligt. Farner übernahm 2023 binnen weniger Monate die Kommunikationsberatungen Komm-Passion und Kirchhoff Consult sowie kurz darauf GFD Finanzkommunikation. Mit ihren gewöhnlich für ein Jahr abgeschlossenen Kundenverträgen bieten PR-Firmen vergleichsweise sichere Cashflows – ein Vorteil aus Investorensicht. Die mögliche Beeinflussung der öffentlichen Meinung im Sinne der Branche dürfte ein angenehmer Nebeneffekt für die Private-Equity-Häuser sein.
KKR titulierte sein Investment in die Kommunikationsberatung FGS Global im April 2023 als „growth investment“. FGS habe keinen Finanzinvestor als Kapitalgeber gebraucht. „KKR wollte helfen, das Wachstum zu fördern“, sagt KKR-Manager Freise. „Wichtig war, dass wir uns mit unserer globalen Expertise einbringen können. Dafür genügt auch schon der Minderheitsanteil, den wir unter anderem von Golden Gate Capital übernommen haben.“ Zudem ist Freise Mitglied im Aufsichtsrat.
Warum die Branche wächst, erklärt Alexander Geiser, Mitgründer und CEO von FGS Global, so: „Heute genügt nicht mehr die reine Equity Story. Es ist komplexer geworden, weil man neben den Aktionären auch die Beschäftigten, Führungskräfte, Analysten, Politiker und NGOs von der eigenen Strategie überzeugen muss. Hinzu kommt: Wer seine Dienste den großen Konzernen nicht überall auf der Welt anbieten kann, wird sich am Ende gegenüber dem Wettbewerb nicht durchsetzen können.“
„Walking Assets“ halten
Das Kapital der Consultants sind die Mitarbeiter, die gute Anreize haben müssen, um zu bleiben. Bei Deals mit Beratungshäusern haben Private-Equity-Investoren sich deshalb lange zurückgehalten. Die Struktur der Beteiligung soll nun in vielen Fällen dafür sorgen, die „Walking Assets“ langfristig an Bord zu halten. „Die Investoren lassen den Beratungen bewusst mehr Spielraum, um Abwanderungen zu vermeiden. Die Private-Equity-Häuser beschränken sich häufig auf Minderheitsanteile“, beobachtet Hossenfelder.
Auch Tagliabue von SEC Newgate setzt auf Beteiligungsstrukturen, um die Schlüsselpersonen auf regionaler Ebene zu halten. Die lokalen Geschäfte würden weiterhin mit großer Autonomie geführt, während die Anteile der Führungskräfte oftmals in Anteile an der Muttergesellschaft gewandelt werden, was die Zusammenarbeit zusätzlich stärken soll. Deren Incentives bemessen sich fortan nicht mehr am Ergebnis der lokalen Einheit, sondern an dem der Gruppe.
Treffen beim Bieterkampf
Doch die Schlüsselpersonen zu halten, ist nicht die einzige Schwierigkeit: Es wimmelt von Interessenkonflikten. KKR etwa ist nicht nur Miteigentümer von FGS, sondern lässt sich dort auch in Kommunikationsdingen beraten – ebenso wie zeitweise Advent und Nordic Capital. Rivale CVC zählt ebenfalls zu den Kunden von FGS und ist zugleich an Teneo beteiligt.
Bei Bieterkämpfen wie dem um den Medikamentenhersteller Stada oder den Tierfutterversender Zooplus fanden sich Bieter und Unternehmen teilweise bei derselben PR-Beratung wieder. Da dürfte es nicht immer einfach sein, die Chinese Walls aufrechtzuerhalten.
Für ein Problem hält FGS-Global-CEO Geiser die Parallelmandate nicht: „Selbstverständlich gehen wir transparent damit um, und es darf keine Interessenkonflikte geben. Jeder Kunde wird von einem individuellen Team beraten. Und für bestimmte Anlässe oder Transaktionen vereinbaren wir auch absolute Exklusivität.“ Auch Miteigentümer KKR gibt sich entspannt: „Natürlich betreut FGS auch einige unserer Wettbewerber, aber in diese Mandate haben wir natürlich keinen Einblick“, sagt KKR-Manager Freise.
Eindrückliche Verdichtung
Spekulationen über einen bevorstehenden Börsengang von FGS weist Geiser zurück. Man sei in der „Investitionsphase“. Bis zu einem IPO könnten Jahre vergehen. Dennoch halten sich Gerüchte hartnäckig – mit der Begründung, KKR sei ja gerade als Anteilseigner geholt worden, um eine Erstnotiz zu erleichtern.