Notiert inBerlin

Quietschen reloaded

Nicht nur im Bund, auch im Land Berlin klaffen Haushaltslöcher, die nur schwer zu stopfen sind. Die bereits verhängte Haushaltssperre trifft Schulen und die lebendige Kulturszene.

Quietschen reloaded

Notiert in Berlin

Quietschen reloaded

Von Andreas Heitker

Es ist schon bemerkenswert, dass sich die Berliner Wirtschaft auch in diesem Jahr wieder resilienter präsentiert als die gesamtdeutsche Wirtschaft. Dabei bleibt der Immobilienmarkt schwierig. Und auch der zuletzt wichtigste Wachstumsmotor der Hauptstadt, der Sektor der Unternehmensdienstleister, scheint ins Stottern geraten zu sein. Laut einer neuen Konjunkturprognose der Berliner Sparkasse ist aber von Rezession trotzdem keine Rede: In diesem Jahr wird ein Wachstum von immerhin 0,5% erwartet, während das BIP bundesweit erneut sinken wird. Und auch 2025 dürften die Berliner die gesamtdeutsche Entwicklung übertrumpfen.

Im Landeshaushalt macht sich diese Stabilität allerdings nicht bemerkbar. Im Gegenteil: Wie auch im Bund fehlt in Berlin das Geld wieder einmal an allen Ecken und Kanten. Die Steuerschätzung hat den Konsolidierungsbedarf auch in der Hauptstadt noch einmal bestätigt. In der Grünen-Fraktion ist bereits von der „schwersten Haushaltskrise seit dem Bankenskandal“ die Rede. Wie auch im Bund stehen nun schwierige Verhandlungen der regierenden Koalition und extrem schmerzhafte Einschnitte im Etat bevor. Dabei beinhaltet der für 2024 und 2025 beschlossene Doppelhaushalt mit 39,3 sowie 40,5 Mrd. Euro so hohe Ausgaben wie noch nie.

3 Mrd. Euro fehlen im Berliner Haushalt für 2025

Derzeit klafft für 2025 eine Finanzierungslücke von 3 Mrd. Euro. Für 2026 sind es weitere 1,8 Mrd. Euro. Ende September hat Finanzsenator Stefan Evers deshalb bereits eine Haushaltssperre verhängt. Die Verwaltung darf vorerst keine Mittel mehr für 2025 zusagen – was nicht nur die Wirtschaft, sondern auch Kitas und Schulen trifft. Zu den aktuell großen Aufregerthemen in der Stadt gehört daher, dass die Schulen keine Klassenausflüge mehr buchen dürfen. Und natürlich ist auch die sehr lebendige Kulturszene unter Druck. Verschiedene Theater, Tanz- und Kleinkunstprojekte stellen schon die Existenzfrage. Mit Unterstützung von Prominenten wie Daniel Barenboim oder Lars Eidinger sind bereits Brandbriefe im Senat eingegangen.

Leistungen streichen? Steuern erhöhen? Mehr Kredite aufnehmen? Auf Finanzsenator Stefan Evers (CDU), den Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU) und Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) kommen schwierige Entscheidungen zu (Foto: picture alliance / Caro | Ruffer).

Dieser hat sich aktuell in die Herbstferien zurückgezogen. Im Roten Rathaus wird im November entschieden, wie es weitergeht. Viele Ideen sind schon öffentlich – von der Anhebung der City Tax für Touristen über eine höhere Grunderwerbsteuer, ein teureres Anwohnerparken, das Streichen des kostenlosen Schulessens bis zu Leistungskürzungen bei städtischen Mitarbeitern. Der legendäre Satz von Ex-Bürgermeister Klaus Wowereit von 2001 macht wieder häufiger die Runde: „Wir werden sparen, bis es quietscht.“

Zusätzliche Kredite sind nicht wirklich eine Alternative, beträgt der Schuldenstand des Landes doch schon heute mehr als das 1,5-Fache des Jahreshaushalts. Doch Berlin kann auch hier kreativ sein: Diskutiert wird eine indirekte Finanzierung landeseigener Unternehmen wie der Investitionsbank IBB oder der Verkehrsgesellschaft BVG über Transaktionskredite beziehungsweise einen Treuhandkreditfonds, die von der Schuldenbremse nicht berücksichtigt werden.

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