KommentarM&A-Strategie

SAP versucht sich als Business-Apple

SAP zahlt 1,5 Mrd. Dollar für ein Unternehmen, das die digitale Transformation der Kunden unterstützt. Nur Software anzubieten, ist heute zu wenig.

SAP versucht sich als Business-Apple

M&A-Strategie

SAP versucht sich als Business-Apple

Von Sebastian Schmid

SAP zahlt 1,5 Mrd. Dollar für ein Unternehmen, das die digitale Transformation der Kunden unterstützt. Nur Software anzubieten, ist heute zu wenig.

Die SAP-Aktie hat sich im vergangenen Jahr bereits fantastisch entwickelt. Auch weil der Konzern versprochen hat, das gesamte Softwareportfolio mit generativer künstlicher Intelligenz smarter zu machen. Doch die Qualität der Software und deren Potenzial sind längst nicht mehr die alleinigen Erfolgsgaranten – weder für SAP noch deren Kunden. Das zeigt sich auch in der M&A-Strategie des Walldorfer Softwarehauses. Die frisch angekündigte Übernahme von Walk Me für 1,5 Mrd. Dollar reiht sich nahtlos ein in die Käufe von Signavio sowie LeanIX und erweitert das Angebot von SAP bei der Unterstützung von Firmen in deren digitaler Transformation.

Und diese Unterstützung scheint bitter nötig. Denn viele IT-Abteilungen tun sich schwer, mit den immer komplexer werdenden Software-Landschaften die von den Tech-Anbietern versprochenen Effizienzverbesserungen auch zu erzielen. Ein Großteil vollmundig angekündigter IT-Projekte erreicht nie das erwünschte Ziel. Wer sich beispielsweise im Bankensektor mit der Vorstandsebene über ein IT-Projekt austauscht und später dann auch mit Mitarbeitern darüber spricht, bekommt schnell das Gefühl, es könne sich unmöglich um dasselbe Transformationsprojekt handeln. SAP kann hier also – zumindest in der Theorie – einen echten Mehrwert liefern.

Als wichtiger Aspekt kommt hinzu, dass eine schlecht integrierte heterogene IT-Landschaft auch auf die involvierten Firmen ein schlechtes Licht wirft, deren Software in Nutzung ist. Das schadet dann nicht nur dem anwendenden Unternehmen, sondern auch SAP als Softwareanbieter. Ob zu Recht oder zu Unrecht, ist da zunächst einmal nachrangig.

Im Prinzip bildet SAP mit ihrer Strategie für Firmenkunden nach, was Apple mit dem iPhone-Ökosystem seit bald zwei Jahrzehnten für Privatkunden vorgemacht hat. Die gesamte Nutzungserfahrung soll möglichst reibungslos sein. Von der Prozessoptimierung über die Verwaltung der IT-Landschaft bis hin zur Verbesserung der Anwenderkenntnisse auf individueller Basis. Letzteres soll die „Digital Adoption Platform“ von Walk Me leisten. Insofern ist eine Bewertung des defizitären Unternehmens auf Basis eines Umsatz-Multiples von 5,6 eigentlich der falsche Ansatz. SAP zahlt den kräftigen Aufschlag wegen des strategischen Werts. Und der ist zumindest potenziell enorm. Jedoch gilt für den Dax-Konzern dasselbe wie für die Kunden bei der digitalen Transformation: Die PS müssen erst noch auf die Straße gebracht werden.