Sehnsucht nach Verlässlichkeit
IWF-Frühjahrstagung
Sehnsucht nach Verlässlichkeit
Von Angela Wefers
Selten ist Deutschland bei einer Tagung von Internationalem Währungsfonds (IWF) und Weltbank so gelobt worden. Das Schuldenpaket für Verteidigung und Infrastruktur, das sich die neue schwarz-rote Koalition vom Bundestag vorsorglich hat billigen lassen, strahlt positiv auf die internationale Gemeinschaft aus. Die Experten des IWF sehen sich bestätigt. Deutschland hat durch deren makroökonomische Brille gesehen ohnehin schon lang ungenutzte Möglichkeiten für mehr Neuverschuldung und geht nun endlich voran. Andere Staaten hoffen, von einem wirtschaftlichen Schub profitieren zu können, wenn die größte Volkswirtschaft in Europa wieder in die Wachstumszone zurückkehrt. Das deutsche Schuldenpaket wird dem IWF zufolge aber frühestens 2026 wirken.
Die Hoffnungen, die auf Deutschland liegen, reichen aber weiter. Von der stärksten Wirtschaftsnation in Europa und dem Schwergewicht vom alten Kontinent in der G7, der Gruppe der Industrieländer, ist eine politische Führungsrolle gefragt. Seit dem unsteten Gebaren der US-Administration ist die Sehnsucht nach Sicherheit und Zuverlässigkeit groß. US-Präsident Donald Trump ist nicht nur abrupt aus internationalen Entwicklungsprojekten ausgestiegen, der von ihm angezettelte Zollkrieg verunsichert auch Unternehmenslenker und Finanzmärkte. In Washington nahmen die Teilnehmer der Frühjahrstagung das Bekenntnis von Trumps Finanzminister Scott Bessent zu IWF und Weltbank mit Erleichterung auf. Schlimmeres war befürchtet worden − der Rückzug der dominierenden USA als Mitglied und Anteilseigner.
Schwaches Bekenntnis
Doch so belastbar, wie es scheint, ist die Aussage Bessents nicht. Die USA bekennen sich nur konditioniert zu den beiden internationalen Finanzinstitutionen, denen sie als Gastgeberland Sitz in Washington bieten. Das Ziel der Trump-Administration, das internationale Wirtschaftssystem umzumodeln, wirkt auch hier. Der IWF soll sich auf seine makroökonomischen Kernaufgaben konzentrieren. Statt den Fokus auf Währungszusammenarbeit und Finanzstabilität zu legen, beschäftigt sich der Fonds nach dem Geschmack der US-Administration zu sehr mit Themen, die dort ein rotes Tuch sind: Klimawandel, Gleichstellung und Soziales. Dies gilt noch mehr für die Weltbank, die sich gemäß ihrem Auftrag um die armen Länder der Welt kümmert, seit vergangenem Jahr aber ihre Strategie um den Zusatz erweitert hat, für einen „lebenswerten Planeten“ einzutreten. Ein erheblicher Teil der Finanzierung der Weltbankgruppe erstreckt sich nun auf erneuerbare Energien.
Das formale Bekenntnis zur Weltbank wird durch konkretes Handeln erschüttert, etwa durch den Rückzug der Zusage von US-Mitteln für die IDA, den Zuschussgeber in der Weltbankgruppe. Verpflichtet hatte sich noch die Biden-Regierung. Verunsichert sind auch die Mitarbeiter bei IWF und Weltbank, nachdem die US-Regierung nicht nur das Management, sondern auch die Belegschaft in die Verantwortung nimmt, auf ihren Kurs einzuschwenken. Diese beschäftigt inzwischen, ob sie womöglich an der Grenze abgewiesen werden, wenn sie von einer Auslandsmission nach Washington zurückkehren wollen. Alles ist möglich unter der Trump-Administration.
Chance für die neue Bundesregierung
Eine spürbare Schwächung von IWF und Weltbank greift Institutionen an, die für mehr Stabilität in einer Welt stehen, deren Regelwerk durch die USA destabilisiert wird. Europas wirtschaftliches Gewicht wird nicht reichen, um die USA zu ersetzen. Das deutsche Gewicht schon gar nicht. Und dennoch sind es kleine Signale wie ein prominenterer Platz für deutsche Vertreter auf der Rednerliste in den Gremien der Finanzinstitutionen, der die Hoffnung auf eine verlässliche Stimme in einer Welt der Unordnung anzeigt. Die neue Regierung in Deutschland, die nun die Arbeit aufnimmt, hat die Chance, stabilisierenden Einfluss in der Welt zu nehmen. Sie steht aber auch in der Verantwortung, mit einer soliden Politik dafür die Grundlage zu schaffen. Dazu gehört es auch, sorgsam mit den neuen Verschuldungsmöglichkeiten umzugehen und sie wachstumsfördernd einzusetzen. Wenn die schwarz-rote Regierung nicht reüssiert, geht nicht nur hierzulande Hoffnung verloren.
Die Trump- Administration setzt IWF und Weltbank unter Druck. Verlässliche Partner sind gesucht.