Sieg der Vernunft
„Effenberg“-Bank
Sieg der Vernunft
Für die Eigenständigkeit von Banken muss es Grenzen geben, zeigt der Fall der VR-Bank Bad Salzungen Schmalkalden.
Von Jan Schrader
Vorwärts Genossen, wehrt Euch gegen BaFin und BVR! Mit diesem Anspruch sprachen sich etliche Mitglieder der VR-Bank Bad Salzungen Schmalkalden gegen den BaFin-Sonderbeauftragten Christian Gervais und eine Sanierung unter Regie des Bankenverbands BVR aus. In der vergangenen Woche stritten die Genossen der Skandalbank auf der Generalversammlung bis zum frühen Morgen über die Besetzung des Aufsichtsrats und faktisch auch über den Kurs der Bank. Ein Antrag auf eine Satzungsänderung, die Entscheidungen über Immobiliengeschäfte ab einer Höhe von 10 Mill. Euro von der Zustimmung der Generalversammlung abhängig gemacht hätte, scheiterte nach Angaben der Bank. Auch die Wahl des Aufsichtsrats verlief weitgehend nach Vorstellung von Aufsicht und Bankenverband. Die Sanierung kann beginnen.
Mit freundlichen Worten setzten die Sanierer die Genossen unter Druck: Die Solidargemeinschaft der Volks- und Raiffeisenbanken, vertreten durch die BVR-Sicherungseinrichtung, stehe an der Seite der Bank, ihrer Kunden und ihrer Mitglieder, wie der Verband vorab und auf der Generalversammlung verlauten ließ. Derweil verdeutlichte Gervais vor rund 1.400 Mitgliedern einen „Wertberichtigungsbedarf“ auf Kredite, Immobilien und Beteiligungen. In Medienberichten machte später eine Summe von rund 280 Mill. Euro die Runde. Mit anderen Worten: Wir retten Euch – wenn Ihr Euch retten lasst!
Die Botschaft war richtig. Die Schieflage der Bank geht mitnichten nur die Genossen an. Auf dem Spiel steht das Vertrauen in die Sicherheit von Banken. Wer mag eine Kundenflucht riskieren, weil ein Geldhaus aus Thüringen riskante Geschäfte einging und fragwürdige Kontakte pflegte? Die Finanzgruppe der Kreditgenossen hat darüber hinaus ein Interesse daran, für Genossenschaftsanteile zu garantieren, damit das Modell nicht in Verruf gerät. Eine Bank ist eben kein gewöhnliches Unternehmen, das geräuschlos verschwinden kann, wenn das Geschäftsmodell versagt. Das gilt auch für ein kleines Geldhaus mit 1,7 Mrd. Euro Bilanzsumme.
Eine Bank wird durchleuchtet
Wo sich das mutmaßliche Loch auftut, muss sich allerdings noch zeigen. So sind die Vermietung einer Rotlicht-Immobilie in Oberhausen und Kredite an Fußballclubs unter zeitweiliger Beratung des Ex-Nationalspielers Stefan Effenberg ein beliebtes Thema der Presse, aber allein genommen noch kein Beleg für eine Schieflage. Die Bank führt aber auch weitere Immobilien aus verschiedenen Ecken Deutschlands in der Bilanz, so dass hohe Abwertungen denkbar sind. Auch eine Sammlung an teils alten Traktoren oder ungenutzt eingelagerte Solarpanels zählen zu den Positionen der Gesellschaft, wie das „Handelsblatt“ festhält. Die Beziehungen der Bank sind demnach teils zwielichtig: Einige Geschäftspartner sollen vorbestraft sein oder zur Rockerszene gehören. Wie gut geht es also dieser Bank? Das muss nun durchleuchtet werden.
Ein Einwand der Gegner lautet, dass der mutmaßliche Schaden nicht belegt sei. Bis ins Jahr 2021 fuhr die Bank Gewinne ein, testiert vom Wirtschaftsprüfer, wie Georg Scheumann von der Interessengemeinschaft der Genossenschaftsmitglieder (Igenos) Ende Dezember in „Rennsteig TV“ sagte. „Da kann es nicht sein, dass innerhalb von ein paar Monaten plötzlich so ein Riesenloch entsteht“, behauptete er. Er spricht dabei aber über ein Institut, das bis heute keinen Jahresabschluss für 2022 vorgelegt hat. Das ist ein Versagen einer Genossenschaft. Daher liegt die Beweislast mitnichten allein auf der Seite der Sanierer.
Der langjährige Bankchef Stefan Siebert trat im November zurück, unter dem BaFin-Beauftragten Gervais formierte sich der Vorstand neu. Das ist richtig so, denn eine Sanierung gelingt nicht ohne Kontrolle über alle Vermögenswerte. Die Eigenständigkeit einer Genossenschaft hat zwar einen hohen Wert. Wie in jedem Unternehmen müssen aber auch hier Verantwortung und Haftung zusammengehen. Solange Banken nicht einfach scheitern können, sondern aufgefangen werden, sollte ihre Eigenständigkeit Grenzen haben. Das haben zum Glück auch viele Genossen in der hitzigen Nacht in Erfurt verstanden.