Sparkassengruppe konsolidiert auch jenseits der Berlin Hyp
Von Tobias Fischer, Frankfurt
Und sie bewegt sich doch, die Sparkassenwelt. In der Finanzgruppe, der gerne eine gewisse Schwerfälligkeit zugeschrieben wird, ist die Bildung eines Zentralinstituts zwar erst einmal in weite Ferne gerückt. Die Pause-Taste zu möglichen Fusionsgesprächen zwischen Helaba und DekaBank hält Sparkassenpräsident Helmut Schleweis weiterhin gedrückt – hatte die Corona-Pandemie den Ausschlag dafür gegeben, so erklärte er vor Kurzem, den ernsthaften Willen mancher Eigner zu vermissen.
In den Ebenen tiefer und aufseiten der Primärinstitute sowie Verbundunternehmen tut sich unterdessen aber einiges. Nicht nur der Bieterwettstreit um die Berlin Hyp und die Diskussion um die mögliche Auflösung der MuttergesellschaftLandesbank Berlin Holding (LBBH) zeugen davon, sondern auch Arbeitsteilung, Kooperationen und niedrigschwellige Konsolidierung. Ob die LBBW, die Helaba oder die DekaBank den Zuschlag für den Berliner Immobilienfinanzierer erhält, dürfte frühestens im Dezember und wohl erst Anfang 2022 publik werden. Noch ist längst nicht ausgemacht, wer das Rennen macht bzw. ob die Berlin Hyp überhaupt verkauft wird. Theoretisch bleibt die Eigenständigkeit eine Option, herrscht doch keine Not, das Institut loszuschlagen: Die Berlin Hyp mit einer Bilanzsumme von 35 Mrd. Euro ist kerngesund und prosperiert. Im ersten Halbjahr erzielten die 600 Mitarbeiter ein Betriebsergebnis von 139 Mill. Euro. Gleichwohl ergäbe es Sinn, die Gelegenheit zu nutzen, um „unkompliziert zu konsolidieren“, wie es ein Eingeweihter ausdrückt. Die Entscheidung obliegt den Anteilseignern, also der Finanzgruppe, in der die Regionalverbände das Sagen haben. Entscheiden sie sich für den besten Preis oder sehen lieber zu, dass es strategisch passt? Als „perfect match“ bezeichnet ein Vertreter aus der Sparkassengruppe DekaBank und Berlin Hyp, wenn es ums Gewerbeimmobilien-Portfolio geht. Beide ergänzten sich. Gebe es dort kaum Überschneidungen, so sehe das im Falle der Helaba schon anders aus. Mit der hessisch-thüringischen Landesbank bestünden die größten Überlappungen. Was den Preis angeht, so gilt die jüngst kolportierte Summe von 500 Mill. Euro als tief gestapelt angesichts von rund 1,6 Mrd. Euro, welche die Berliner per Ende September an bilanziellem Eigenkapital und im Fonds für allgemeine Bankrisiken ausweisen sollten.
Das Schicksal der Mutter LBBH scheint derweil besiegelt. Der DSGV spricht davon, die Auflösung der Holdingstruktur noch zu prüfen, etwa um so Komplexität und Kosten zu senken. Wie hoch die erhofften Einsparungen sind, mochte man dort nicht sagen. Berliner Sparkasse und Berlin Hyp befinden sich über aufwendige Strukturen in Sparkassenhand (s. Grafik). Wahrscheinlich ist, dass dieses Konstrukt aufgegeben wird. Das noch unter dem Dach der LBBH vereinte Schwesterinstitut Landesbank Berlin/Berliner Sparkasse ist derweil dabei, sich bis 2025 auf das Kerngeschäft als Hauptstadtsparkasse zu konzentrieren, wie ein Sprecher erklärt. Die Kostenbasis soll um 250 Mill. Euro pro Jahr oder ein Drittel reduziert werden. Damit verbunden sei eine Reduzierung um 635 Mitarbeiterkapazitäten über fünf Jahre, bestätigt er einen Bericht von „Finanz-Szene.de“. Vorgesehen ist die Verschmelzung des Marktfolgedienstleisters S-Servicepartner Berlin auf S-Servicepartner Deutschland sowie der Verkauf von Anteilen am Autofinanzierer S-Kreditpartner. An wen, will der Sprecher nicht kommentieren. Naheliegend ist, dass die Deutsche Leasing zuschlägt, die schon ein Drittel der Anteile hält.
Landesbanken sind längst dazu übergegangen, Geschäftsbereiche untereinander zu verschieben. Die LBBW hat sich etwa das Zins-, Währungs- und Rohstoffmanagement für Firmenkunden von der BayernLB und der ehemaligen HSH Nordbank, der HCOB, einverleibt. Auch mit der Helaba befindet sich eine solche Transaktion in der Prüfung. Im Gegenzug würde sie etwa das dokumentäre Auslandsgeschäft sowie den Auslandszahlungsverkehr für Sparkassen und ihre Kunden bündeln.
Dieses Jahr sechs Fusionen
Sind weitergehende Schritte unter Landesbanken derzeit kein Thema, so gab es zuletzt 2020 eine waschechte Fusion bei öffentlichen Versicherern, als sich Provinzial Nordwest und Provinzial Rheinland zur Verschmelzung durchrangen. Von den acht Bausparkassen loten LBS West und LBS Nord aktuell einen Zusammenschluss aus. Dass Sparkassen zusammenrücken, ist seit Jahr und Tag gang und gäbe. Existierten 2011 noch 426 Institute, so sind es nur mehr 370. In diesem Jahr sind sechs Zweierfusionen vonstattengegangen, für 2022 nach jetzigem Stand drei angemeldet, wie der DSGV auf Anfrage mitteilt. Zum 1. Januar fusionieren die Sparkasse Memmingen-Lindau-Mindelheim und die Kreissparkasse Augsburg sowie die Sparkasse Ennepetal-Breckerfeld und die Sparkasse Gevelsberg-Wetter. Ein halbes Jahr später folgen Sparkasse Oberland und Kreissparkasse Garmisch-Partenkirchen.