LeitartikelUS-Wahlkampf

Trump hält alle Trümpfe

Donald Trump wird nach dem Nominierungsparteitag der Republikaner einen schwer einholbaren Vorsprung haben. Chancenlos sind die Demokraten aber nicht, sofern sie schnell eine Alternative zu Joe Biden ins Rennen schicken.

Trump hält alle Trümpfe

US-Wahlkampf

Trump hält alle Trümpfe

Trump wird nach dem republikanischen Parteitag klar vorne liegen, doch ganz chancenlos sind die Demokraten noch nicht.

Von Peter De Thier

Eigentlich sollte der Nominierungsparteitag der Republikaner in Milwaukee eine Krönungszeremonie für den Spitzenkandidaten Donald Trump werden. Nun hat aber der Anschlag auf Trump einen dunklen Schatten über das Medienspektakel geworfen. Die Tragödie vom Samstag, bei der ein Publikumsmitglied ums Leben kam, hat nämlich Erinnerungen geweckt an einige der dunkelsten Episoden in der Geschichte der Nation. Vom Attentat auf Präsident Abraham Lincoln über Anschläge auf John F. Kennedy, dessen jüngeren Bruder Bobby, bis hin zu Ronald Reagan sowie zahlreichen anderen. Festzuhalten bleibt: Gewalt ist aus der US-Politik nicht wegzudenken. 

In einer Gesellschaft, wo das Recht, tödliche Waffen zu besitzen, in der Verfassung verankert ist, ist das nicht verwunderlich. Im Kontext der aktuellen politischen Diskussion wirft das Attentat aber wichtige Fragen auf. Was können die Sicherheitskräfte künftig tun, um Anschläge zu verhindern? Wird während der Schlussphase des Wahlkampfs die Gewalt weiter eskalieren? Der Zorn aufgebrachter Trump-Anhänger, die im Publikum zu beobachten war, verheißt jedenfalls nichts Gutes. Auch jene Anschlussfrage, die am Tag des Anschlags fehl am Platze gewesen wäre: Wird der Republikaner von dem Versuch, ihn umzubringen, sogar politisch profitieren?

Anzunehmen wäre, dass Trump das gar nicht nötig hat. Schließlich ging er ohnehin schon mit kräftigem Schwung in den Parteikonvent. Erst stürzt Präsident Joe Biden bei dem Fernsehduell ab. Dann zermürben sich die Demokraten mit ihrem internen Gerangel darüber, ob Biden seine Kandidatur beenden sollte. Folglich sagten Republikaner schon vor dem Anschlag voraus, dass wenn Biden der Kandidat bleibt, Trump einen Erdrutschsieg feiern wird.

Zwar hat der Ex-Präsident nach dem Attentat betont, dass er das Land nun einen wolle. Das aber steht in klarem Widerspruch zu seinen politischen Plänen. So will er im Falle eines Wahlsiegs seine politischen Gegner einsperren lassen und Massenabschiebungen von Ausländern anordnen. Auch dämonisiert er die Demokraten, dies, obwohl sie mit Anstand und Würde auf den Vorfall vom Wochenende reagierten. Zudem kokettiert er wieder mit einem Austritt aus der Nato und biedert sich bei Wladimir Putin und zuletzt dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán an.

Auch die Tatsache, dass er den Anschlag eiskalt ausnutzt, um weitere Spenden zu sammeln, deutet darauf hin, dass Trump aus dem Attentat nichts gelernt hat. Er sieht darin schlichtweg eine weitere Gelegenheit, um aus einer Tragödie finanziell und politisch Kapital zu schlagen. Schließlich passen die Ereignisse der vergangenen 48 Stunden perfekt in Trumps Narrativ, ein „Märtyrer“ zu sein, der seine Wähler vor den „linksradikalen Demokraten“ und dem politischen Establishment schützen will.

Entscheidet sich Trump, den Parteitag in das Zeichen seiner abstrusen Verschwörungstheorien zu stellen, dann würde er sich selbst politischen Schaden zufügen. In den Schlagzeilen stünden dann nämlich nicht mehr die Probleme der Demokraten. Vielmehr würde Trump Wählern in Erinnerung rufen, warum sie ihn als Kandidaten ebenfalls ablehnen. Bleibt er hingegen sachlich, referiert er über die hohen Preise, die Migrantenkrise sowie die Kriege in der Ukraine und Nahost, und gelingt es ihm, Biden mit diesen Problemen in Verbindung zu bringen, dann könnte er eine potenziell wahlentscheidende Woche mit einem kaum einholbaren Vorsprung abschließen.  

Unterdessen sind die Demokraten nicht ohne Chance. Dass Biden noch gewinnen kann, ist schwer vorstellbar. Die Demokraten sollten gelassen zusehen, wie Trump beim Parteitag Biden vier Tage lang geißelt, sofort danach einen anderen Kandidaten ins Rennen schicken und die Republikaner auf dem falschen Fuß erwischen. Umfragen deuten darauf hin, dass fast jeder andere Demokrat außer dem amtierenden Präsidenten den Republikaner bezwingen könnte. Doch die Uhr läuft, und die Entscheidung muss schnell fallen.

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