KolumneBrücke oder Krücke

Trump macht den Kapitalmarkt zu seinem Kolosseum

Donald Trump gefällt sich darin, den Kapitalmarkt zu seinem Kolosseum zu machen und nach Gusto den Daumen zu heben oder zu senken. Doch das ständige Zündeln fackelt jede Menge Vertrauen ab.

Trump macht den Kapitalmarkt zu seinem Kolosseum

Willkommen in Trumps Kolosseum

Von Sebastian Schmid

Über die Kenntnisse, die US-Präsident Donald Trump zur Antike hat, läuft die Debatte noch. Jedenfalls hat er wohl nicht behauptet, dass die USA und Italien eine Allianz hätten, die bis ins alte Rom zurückreicht. Stattdessen sprach er von einem gemeinsamen kulturellen und politischen Erbe. Das kann man so sehen. Allerdings bleibt dann im Unklaren, ob er sich auf die Zeit der römischen Republik bezieht oder auf das anschließende Kaiserreich. Letzteres dürfte dem selbsternannten Volkstribun deutlich näher stehen.

Jedenfalls gibt er im Welthandel und am Kapitalmarkt gerade eine Laiendarstellung als Kaiser Nero, der Rom angeblich erst niederbrennen wollte, um es dann wieder neu zu errichten. Anders als Nero, dessen Täterschaft unter Historikern höchst umstritten ist, zündelt Trump ganz offen – und fackelt dabei jede Menge Vertrauen ab. Am Morgen vor der Ankündigung einer 90-tägigen Zollpause gab der Präsident über die Plattform X eine Empfehlung zum Kauf von Aktien – der Zeitpunkt sei günstig. Der Verdacht absichtlicher Marktmanipulation und von Insiderhandel liegt nahe. Wenige Stunden später sorgte er mit der Aussetzung der meisten Strafzölle für ein Kursfeuerwerk.

Das ist mittlerweile längst verglüht. Was bleibt, ist verbrannte Erde. Denn dem Vertrauen in die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes erweist Trump einen Bärendienst. Wer will bitte noch investieren, wenn Kursmanipulation im großen Stil Teil des Systems zu sein scheint – und der oberste Manipulator von der eigenen Wertpapieraufsicht nicht belangt werden kann. Gerichte, Notenbank, SEC: Keine Institution scheint dem Mann im Weißen Haus Einhalt gebieten zu können. Wie Cäsar reißt Trump die Macht einfach an sich und hebelt damit die Kontrollinstanzen aus. Checks and Balances war einmal ... das gilt auch für Trumps Buddys, deren Loyalität ihm ein präsidiales „Pardon“ wert sein dürfte.

Während Fed-Chef Jerome Powell bei öffentlichen Äußerungen wie auf Eierschalen läuft, um die Märkte bloß nicht aus der Balance zu bringen, lässt es Trump absichtlich scheppern. Im Ergebnis spielen fundamentale Entwicklungen einzelner Unternehmen am Aktienmarkt kaum eine Rolle mehr. Nur das Sentiment bestimmt, wie die Kurse laufen. Trump hat die Kapitalmärkte zu seinem Kolosseum gemacht. Dort kann er jetzt als Imperator ganz nach seinem Gusto den Daumen heben oder senken. Dass internationale Investoren den Rückzug aus dem US-Markt antreten, kann ihnen niemand verdenken. Wer nicht zum Günstlingskreis des Imperators zählt, hat in dessen Arena keine Gnade zu erwarten.

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