Tokio

Versager der Woche

Die japanische Opposition schafft es nicht, die Wähler zu mobilisieren. Die wiederum hatten dieser Tage Kommunikationsprobleme, weil einer der größten Telekommunikationsanbieter technische Schwierigkeiten hatte – noch ein Verlierer der Woche.

Versager der Woche

Zunächst ein Geständnis: Auch nach vielen Jahren bleibt der japanische Wähler für mich ein großes Rätsel. Seit 1955 (!) dominiert die Liberaldemokratische Partei (LDP) die Politik und stellt fast immer den Premierminister. Dabei lautet ein Bonmot: Diese Liberaldemokraten sind weder liberal noch demokratisch. Dennoch regierte in 67 Jahren nur zweimal eine andere Partei: von Mitte 1993 bis Anfang 1996 und von 2009 bis 2012. Danach kehrten die Wähler jeweils reumütig zur LDP zurück, weil sie sich nach Stabilität sehnten.

Auch bei der Wahl am Sonntag dürfte alles beim Alten bleiben. Die LDP und ihr Partner Komeito sowie zwei verbündete Parteien werden laut einer Umfrage der Finanzzeitung „Nikkei“ 82 der 125 zur Wahl stehenden Sitze im Oberhaus gewinnen. In diesem Fall würde das LDP-Bündnis mehr als zwei Drittel der Parlamentskammer kontrollieren, denn es hält schon 84 der übrigen 124 Sitze, die erst 2025 neu vergeben werden. Damit verfügt die LDP über die notwendige Stärke, um ihre sämtlichen Gesetzesvorhaben durchzusetzen.

Angesichts dieser Langeweile ernenne ich Japans Opposition zum ersten Versager dieser Woche. Seit rund zehn Jahren vertritt sie immer wieder populistische Ideen, die von der Mehrheit der Wähler unterstützt werden – darunter der Verzicht auf Atomkraft und die Senkung der Mehrwertsteuer. Aber bei Wahlen haben die linksliberalen Parteien kaum Erfolg. Ein Grund sind die effektiven Wahlmaschinen von LDP und Komeito, die ihre Anhänger besser mobilisieren, ein zweiter das schwache Format einiger Spitzenpolitiker der Opposition.

Ich erkläre mir die LDP-Vorherrschaft damit, dass sich ihre Vertreter als Anwalt der kleinen Leute ausgeben und in wirtschaftlichen Dingen oft sozialdemokratische Politik umsetzen. Das scheint sich bei dieser Wahl zu bestätigen. Denn die einzige Partei, die viele mit der LDP unzufriedene Wähler anzieht, agiert nicht links, sondern rechts der Mitte: Die Isshin no Kai (Versammlung für die Restauration von Japan) verlangt eine Deregulierung der Wirtschaft und die Einführung einer Föderation!

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Zum zweiten Versager der Woche küre ich KDDI. Das zweitgrößte Telekomunternehmen betreibt 39 Millionen Telefonanschlüsse und unter der Marke „Au“ 62 Millionen Mobilfunk-Verbindungen. Doch die meisten Kunden konnten die Dienste zwei bis drei Tage lang nicht nutzen – erst am Dienstagnachmittag nach 86 Stunden funktionierte wieder alles reibungslos.

Einen Netzausfall dieses Ausmaßes hat es in Japan noch nie gegeben: Die Kunden konnten nicht mehr telefonieren, nicht ins Internet gehen und keine SMS verschicken. Nicht einmal Notrufe waren möglich. Zahlreiche Geldautomaten arbeiteten nicht mehr, weil sie ihre Telefonverbindung zur Zentrale verloren hatten. Ebenso betroffen waren die Kunden des viertgrößten Mobilfunkers Rakuten, die das Au-Netz in einigen Gebieten mitbenutzen dürfen.

Doch das Management von KDDI arbeitete nur die übliche Bedienungsanleitung bei öffentlich ersichtlichen Fehlern ab: Präsident Makoto Takahashi trat mit seinen Mitstreitern im schwarzen Anzug vor die Presse, entschuldigte sich mit der Standardfloskel dafür, dass man „Unannehmlichkeiten bereitet“ habe, kündigte das „Erwägen eines Ausgleichs“ an und verbeugte sich gerade lange genug, bis jeder Fotograf das Pressebild im Kasten hatte.

Dagegen fielen seine Erklärungen ziemlich einsilbig aus. Beim Auswechseln einer Schaltanlage für Sprachanrufe sei es zu einer Konzentration von Telefonverkehr gekommen, worauf das Unternehmen den Systemzugang einschränken musste. Danach habe es in einem anderen System eine Kettenreaktion von Ausfällen gegeben.

Der Minister für Inneres und Kommunikation, Yasushi Kaneko, warf KDDI vor, seiner Verantwortung als Telekombetreiber nicht gerecht geworden und gegenüber seinen Kunden nicht transparent mit seinen Schwierigkeiten umgegangen zu sein. Auf Twitter zeigten sich viele Nutzer jedenfalls davon überzeugt, dass in Wahrheit Hacker KDDI lahmgelegt hätten, um ein Lösegeld für den Neustart des Systems zu erpressen.

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