Moskau

Vertrauensbeweise sind Mangelware

Mit dem Vertrauen ist das so eine Sache – auch in Russland. Egal ob Geld oder Gesundheitszustand: Es gibt Dinge, die will man einfach niemandem anvertrauen.

Vertrauensbeweise sind Mangelware

Dieser Tage musste ich mich daran erinnern, wie mein längstjähriger russischer Freund – nennen wir ihn in Zeiten wie diesen lieber nicht mit richtigem Namen, sondern einfach Iwan – in den frühen 1990er Jahren von seinen Erfahrungen mit Garantien in Russland erzählte. Ein Bekannter habe ihn damals, als die Bankenlandschaft noch nicht entwickelt war, die Wirtschaft am Boden lag und die Inflation zwischenzeitlich schon mal mit 60% dahingaloppierte – also ein Bekannter habe ihn um die beachtliche Summe von 8000 Euro gebeten, um sich ein Auto auf Pump zu kaufen. Er garantiere ihm die Rückzahlung. Iwan, der bereit war, ihm Geld zu borgen, schlug vor, einen Vertrag über die Aufnahme der Schulden inklusive Zeitplan für ihre Tilgung aufzusetzen. „Aber nein“, entgegnete der Bekannte: „Du verstehst nicht, ich garantiere es dir ja.“ „Also am besten mit Vertrag“, so Iwan. „Nein“, kam es zurück: „Ich garantiere es dir so.“ Das Leihgeschäft kam nicht zustande.

Warum ich mich daran erinnere? Weil eine der chinesischen Automarken, die wegen des Rückzugs westlicher Autofirmen aus Russland ihre Chance erkannt hat, die Lücke am Markt zu füllen, dem Erstbesitzer ihrer Neuwagen eine lebenslange Garantie für das gekaufte Auto zusichert. Das sei ein übler Propagandatrick, kommentierte der renommierte russische Autojournalist Sergej Aslanjan und erinnerte an das tiefe Misstrauen zwischen Chinesen und Russen, die heute angesichts des Ukraine-Krieges gern ihre enge Verbundenheit beteuern. Schon im sowjetrussischen Sandkasten, so Aslanjan, habe man vorlaute Kinder mit dem Sprichwort gerügt, sie seien „so frech wie 100 Chinesen“.

China und Russland jedenfalls arbeiten an ihrer Beziehung, die historisch sehr belastet ist. Nichts verbindet so sehr wie gemeinsame Gegner, aktuell der sogenannte kollektive Westen. Deshalb vollziehe Russland nun auch einen grundlegenden Wandel in seiner Handelspolitik, wie Kreml-Chef Wladimir Putin vergangene Woche erklärte. Die Geschäfte würden auf die anderen BRICS-Länder ausgerichtet, sagte Putin mit Blick auf Brasilien, Indien, China und Südafrika. Aktuell werde eine größere Präsenz chinesischer Autobauer auf dem russischen Markt ebenso erörtert wie die Eröffnung von Filialen indischer Supermarktketten.

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Ob Putin als Vertrauensbeweis in diesen Ländern auch die dortigen Toiletten benützt? Eher nicht, wie ein Bericht des französischen Magazins „Paris Match“ mit einem Journalisten der angesehenen russischen investigativen Plattform „Projekt“ nahelegt. Ihnen zufolge reist Putin mit einer eigenen Toilette und lässt spezielle Mitarbeiter seines Föderalen Sicherheitsdienstes FSO Exkremente und Urin einsammeln und nach Moskau zurückbringen oder vor Ort vernichten. Der Grund: Putin wolle – angeblich seit spätestens 2017 – mit allen Mitteln verhindern, dass andere Staaten Rückschlüsse auf seinen Gesundheitszustand ziehen und an seine DNA kommen können. Eine Bestätigung dafür hat „Paris Match“ angeblich von einer Quelle in Saudi-Arabien erhalten, wo Putin 2019 zu Besuch war. Auch soll Putin immer nur aus einem selbst mitgebrachten Becher trinken.

Man ist gut beraten, solche Berichte mit gesunder Skepsis zu konsumieren. Denn der Propagandakrieg läuft vor dem Hintergrund des realen Krieges in der Ukraine allerseits auf Hochtouren. Ein Thema war von Anfang an Putins Gesundheitszustand – von Krebs war die Rede, von Parkinson auch. Aber Diskreditierung über die Pathologie gibt es seit dem Beginn menschlicher Machtspiele.

Dass Putin aber tunlichst DNA und Informationen über seinen Gesundheitszustand auch durch Abschottung seiner Exkremente geschützt haben will, ist dann doch nicht ganz unwahrscheinlich. Versuchte Stuhlgang-Spionage gibt es seit dem Kalten Krieg, die Russen selbst wendeten sie etwa gegen Mao bei seinem Besuch in Moskau an. Die DNA ist aber auch anderen – und nicht nur autokratischen – Staatschefs heilig. Anfang Februar lehnte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron ein Ersuchen des Kremls ab, vor einem persönlichen Treffen mit Putin einen russischen Coronatest zu machen. Bundeskanzler Olaf Scholz ebenso.

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