LeitartikelRentenpaket II

Von Rentner-Soli und Aktienrente

Die Regierungsparteien haben sich über das Rentenpaket II gefreut, weil sie ihre Basis mit Symbolerfolgen beglücken konnten. Das Rentensystem ist dadurch aber keineswegs stabiler geworden. Denn schmerzhafte Themen wurden ausgespart.

Von Rentner-Soli und Aktienrente

Rentenpaket II

Der faule Kompromiss

Von Sebastian Schmid

Dass sich die Regierung über das Rentenpaket II freut, bedeutet nichts Gutes. Schmerzhafte Themen wurden ausgespart.

Das in der vergangenen Woche von Arbeitsminister Hubertus Heil und Finanzminister Christian Lindner vorgestellte Rentenpaket II ist ein klassischer Koalitionskompromiss. Die verkündeten Erfolge sind vor allem symbolischer Natur. Die SPD konnte eine staatliche Leistung ausweiten, obwohl das Geld dafür eigentlich fehlt. Und die FDP freut sich, dass sie vor dem zu erwartenden Ausscheiden aus der Regierungsverantwortung noch ein Kernanliegen umsetzen kann – den Einstieg in die kapitalgedeckte Altersvorsorge. Was der Kompromiss nicht erreicht hat, ist eine nachhaltige Stabilisierung des Rentensystems. Beitragsentwicklung, steuerlicher Zuschuss und Bezahlbarkeit des Systems hängen sehr stark davon ab, wie sich die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in den kommenden Jahren entwickeln wird. Und das gibt schon allein die demografische Entwicklung vor: Willkommen im Jurassic Park.

Was ebenfalls bereits feststeht, ist, dass Deutschland – wenn die sonstigen Rahmenbedingungen unverändert bleiben – als Arbeitgebermarkt noch unattraktiver wird. Denn die Stabilisierung des Rentenniveaus bei 48% wird einseitig den jüngeren Arbeitnehmern und nachfolgenden Generationen aufgebürdet. Diese müssen künftig höhere Rentenbeiträge zahlen, die laufenden Rentenzahlungen über einen immer weiter wachsenden Steueranteil mitfinanzieren und gleichzeitig selbst mehr fürs Alter sparen, um sich vor Altersarmut zu schützen. Die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer beschreibt sicher keinen revolutionären Ansatz, wenn sie sagt, dass es eigentlich einen Dreiklang gebraucht hätte aus einer längeren Lebensarbeitszeit, langsameren Rentenanstiegen und mehr privatem Sparen fürs Alter. Auch wäre es natürlich sinnvoll, wenn jüngere Beitragszahler einen Teil ihrer Beiträge selbst am Kapitalmarkt investieren könnten, um eigene Ansprüche zu erwerben. Doch wie soll das gehen, wenn jeder Cent und noch mehr verplant sind, um die Ansprüche von Bestandsrentnern zu befriedigen?

Fehlende nachhaltige Aktienkultur

Der Gedanke, Teile des Rentenbeitrags direkt am Kapitalmarkt investieren zu können, hätte hierzulande ohnehin politisch massiven Gegenwind zu erwarten. Das Misstrauen gegenüber Marktwirtschaft und Aktienanlage nimmt zum Teil absurde Züge an. So behauptete etwa die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, gegenüber der Nachrichtenagentur DPA, „eine Geldanlage in Aktien rentiert sich, wenn überhaupt, erst nach 30 Jahren.“ Eine Aussage so abseits der Realität, dass es kaum zu fassen ist. Tatsächlich betrug die durchschnittliche Jahresrendite bei einer Investition in den Dax über drei Jahrzehnte je nach Anlagejahr zwischen 6,8 und knapp 10,3%.

Doch Aussagen wie die von Frau Bentele sind eben keine Ausnahme und prägen das Meinungsbild, das dem Entstehen einer nachhaltigen Aktienkultur immer wieder im Wege steht. Hinzu kommt, dass das grundlegende demografische Problem einer stetig schrumpfenden Zahl von Einzahlern, der eine wachsende Zahl von Rentnern gegenübersteht, konsequent ignoriert wird. Und der Anreiz, genauer hinzuschauen, sinkt mit jedem Jahr. Denn Senioren sind eine sichere Bank an der Wahlurne. Die SPD ist längst von der Arbeiterpartei zur Rentnerpartei mutiert, wenn man ihre Wählerstruktur betrachtet. Den Grünen, die eine jüngere Wählerschaft haben, mangelt es an Vertrauen in marktorientierte Lösungen.

Auch die FDP müsste über ihren Schatten springen. Die Liberalen, die gerne proklamieren, mit ihnen gebe es keine Steuererhöhungen, sind sich nur in der Semantik treu. Eine Anhebung der Lohnnebenkosten, wie sie mit dem Rentenpaket II beschlossen wurde, ist gerade für mittlere Einkommensschichten sogar noch viel schmerzhafter als eine Steuererhöhung. Selbst ein Renten-Soli, der jeden Steuerzahler getroffen hätte, wäre ein probateres Mittel gewesen als das, was die Regierung nun vorgelegt hat. Zum einen hätte er deutlich gemacht, was längst Tatsache ist: Die Steuerzahler müssen das Rentensystem massiv quersubventionieren. Zum anderen hätte er die Chance geboten, dass die Beitragszahler einen Teil ihrer Beiträge für eine echte, eigene Aktienrente aufwenden können. Stattdessen sind diese nun die Gekniffenen.

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