Notiert inNew York

Wo Rauch ist, da ist auch Feuer

Die zunehmende Zahl zerstörerischer Waldbrände in den USA hinterlässt deutliche Spuren in der Versicherungsbranche. Washington ist indes nicht ehrlich an einem Kampf gegen die Naturkatastrophen interessiert.

Wo Rauch ist, da ist auch Feuer

Notiert in New York

Wo Rauch ist

Von Alex Wehnert

Während Manhattans Türme aus Stahl und Glas unter einem blauen Himmel glitzern und die steifen Brisen über der Bucht von New York ihre beißende Kälte verlieren, bahnt sich weniger als 70 Meilen entfernt von diesem Großstadtidyll eine Katastrophe an. Im Örtchen Manorville in Suffolk County auf Long Island geht am vergangenen Samstag ein Versuch gewaltig schief, S’Mores zu rösten. Das Verlangen nach dem Snack, der aus einem zwischen zwei Cracker gestopften Marshmallow mit angebapptem Stück Schokolade besteht, und der Frust darüber, dass die starken Böen das zwecks Grillierens angefachte Lagerfeuer wiederholt ausblasen, ist bei dem Verursacher offenbar so groß, dass er laut Polizei zunehmend höhere Stapel alter Pappe aufschichtet und in Brand zu stecken sucht. Ruckzuck lodert in dem Hinterhof ein Inferno, das sich Dante nicht schöner hätte ausdenken können.

Schädlinge schaffen perfekte Bedingungen

Kaum ist es gelöscht, schießen eine Viertelmeile weiter die nächsten Flammen in die Höhe. Denn der Griller von Suffolk County hat sich für seine S’Mores-Schmurgelei mit Trockenheit und Windgeschwindigkeiten von bis zu 45 Meilen pro Stunde perfekte Wetterbedingungen ausgesucht. Insgesamt lodern am Wochenende rund 2,5 Quadratkilometer an wilder Vegetation. New Yorks Gouverneurin Kathy Hochul ruft den Notstand aus, die Polizei ermittelt, um Brandstiftung auszuschließen. Letztlich führt die Spur in den Hinterhof von Manorville – und zum Douglasien-Riesenbastkäfer. Denn der aus Europa eingeschleppte Schädling hat die Kiefern auf Long Island abgenagt und knochentrockene Rinde hinterlassen, die umso leichter lichterloh brennt.

Die Globalisierung und der Klimawandel zeigen in den USA in Form einer wachsenden Zahl an Naturkatastrophen durchschlagende Wirkung. Im Januar halten Waldbrände in Südkalifornien, die mindestens 29 Todesopfer forderten und durch den Sprung des Feinstaubgehalts der Luft in Los Angeles wohl noch schwere gesundheitliche Langzeitfolgen entfalten werden, ein globales Publikum im Bann. Schuld sind auch dabei ungewöhnliche Trockenheit nach einem Sommer mit Rekordtemperaturen und einem Herbst und Winter mit lediglich 4% des historisch üblichen Niederschlags sowie starke Winde.

Versicherer heben Prämien an

Die US-Regierung ist unter Präsident Donald Trump indes weit von jedweden Klimaschutz-Bemühungen abgerückt und sucht die Schuld für zunehmend zerstörerische Waldbrände bei demokratisch kontrollierten Bundesstaats- und Stadtverwaltungen. Die Versicherungsbranche wird Washington diese destruktive Haltung kaum danken, sind doch allein durch die Feuer rund um Los Angeles wohl Sachschäden von bis zu 275 Mrd. Dollar entstanden. Neue Policen auszustellen ergebe keinen Sinn, betonte State Farm General am Dienstag in einem Schreiben an die kalifornischen Behörden. Der führende Sachversicherer des Westküstenstaats will die Prämien für 1,2 Millionen Immobilieneigner um 22% anheben, um sich finanzielle Puffer zu verschaffen. Wo Rauch ist, ist eben auch Feuer.

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