KommentarWohnimmobilien

Wohnmarkt leidet unter EZB-Fehltritt

Die Märkte für Wohnimmobilien und Wohnkredite leiden bis heute unter dem abrupten Zinsanstieg 2022. Das sollte der EZB zu denken geben.

Wohnmarkt leidet unter EZB-Fehltritt

Immobilienkredite

Wohnmarkt leidet unter EZB-Fehltritt

Von Jan Schrader

Was für ein Kontrast: Während Finanzmärkte schon vor Monaten die jetzt vollzogene Zinssenkung der EZB vorweggenommen haben, ist die kräftige Leitzinserhöhung aus dem Jahr 2022 erst jetzt an den Wohnimmobilienmärkten voll angekommen. Bereits im Frühjahr 2022 waren die Kreditzinsen kräftig gestiegen. Doch bis sich die Preise für Häuser und Wohnungen an die neue Zinsrealität angepasst hatten und Immobilienmarkt und Kreditgeschäft wieder in Schwung kamen, sind nicht weniger als zwei Jahre vergangen. Erst jetzt wird eine Trendwende sichtbar.

Offenkundig passen gewöhnliche Menschen, die als Käufer und Verkäufer am Immobilienmarkt auftreten, ihre Preiserwartungen nur allmählich an. Seit mehr als eineinhalb Jahren sinken bereits die Immobilienpreise, während das Neugeschäft lange auf niedrigem Niveau verharrte. Der Zinsschock von damals lähmte den Wohnimmobilienmarkt also über lange Zeit, bis heute ist das Gefühl der Taubheit nicht völlig verflogen. Die Entwicklung steht im Kontrast zu den Finanzmärkten, wo die Zinswende rasch „eingepreist“ worden war und Aktien und Anleihen bereits im Jahr 2022 stark fielen.

EZB reagierte spät

Dieser Kontrast sollte der EZB zu denken geben. Hatte sie lange an niedrigen Leitzinsen festgehalten und Anzeichen der Inflation zunächst als vorübergehend eingestuft, vollzog sie erst im Angesicht der Energiekrise im Jahr 2022 eine Kehrtwende. Die Märkte hat sie damit kalt erwischt. Dummerweise reagieren eben nicht alle Märkte so flink, wie es Finanzprofis an den Börsen gewohnt sind.

Die Kosten sind vielfältig: Viele Menschen verwirklichen den Lebenstraum einer Immobilie erst später, die Bauwirtschaft spürt eine schwache Nachfrage und die Zinserträge im Bankgeschäft geraten perspektivisch unter Druck. Die ausgeprägte Flaute im Kredit- und Immobilienmarkt gehört zu den wesentlichen negativen Folgen der langen Tiefzinsphase. Die EZB ist zwar für die Energiekrise 2022 nicht verantwortlich. Gleichwohl bog sie reichlich spät auf einen weniger expansiven Kurs ein. Das rächt sich bis heute.

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