Wolfgang Reitzle kommt bei Continental ans Ziel
Continental
Letzter Ausweg Zerschlagung
Von Carsten Steevens
Mehr Wertschaffung durch Aufspaltung: Wolfgang Reitzle steht beim Dax-Konzern aus Hannover vor dem Ziel.
Es sieht fast so aus, als könne Wolfgang Reitzle bei Continental noch zu seinem Ziel kommen. Der Traditionskonzern aus Hannover plant seine vollständige Zerschlagung. Nach der noch in diesem Jahr vorgesehenen Abspaltung und Börseneinführung des seit Jahren schwächelnden Autozuliefergeschäfts will sich Conti auch von seinem Industriespezialisten Contitech trennen. Das mehr als 150 Jahre alte Unternehmen wird dann künftig nur noch Reifenhersteller sein. „Mit Blick auf Bewertungs-Multiples lautet die Devise in allen drei bisherigen Segmenten nun „Pure Play“. Dem 76 Jahre alten Aufsichtsratsvorsitzenden, der sich 2024 noch einmal für zwei Jahre in die Pflicht nehmen ließ, um dem Vorstand bei der Umsetzung der Strategie zur Seite zu stehen, hat sie schon seit längerem vorgeschwebt.
Fern vom Allzeithoch
Die Absatz- und Produktionskrise der Autoindustrie, die schon vor Beginn der Pandemie ihren Anfang nahm, lässt Autozulieferer wie Continental nicht los. In der Marktkapitalisierung des Dax-Gründungsmitglieds kommt auch ein Konglomeratsabschlag zum Tragen, der nun mit der Zerschlagung abgestreift werden soll. Das Sorgenkind „Automotive“ ist maßgeblich dafür, dass der Börsenwert von Continental aktuell nur noch rund ein Fünftel des Anfang 2018 erreichten Allzeithochs ausmacht. Das war für den Wertmaximierer Reitzle, der nicht zuletzt beim Industriegasekonzern Linde durch die umstrittene Fusion mit dem amerikanischen Konkurrenten Praxair ein Börsenschwergewicht formte, schon länger ein Unding.
Die Arbeitnehmerseite bei Continental kritisiert die geplante Trennung von Contitech nach der Abspaltung des Autozuliefergeschäfts in Zeiten weltwirtschaftlicher Unsicherheit als sozial unverantwortlich, ökonomisch waghalsig und technologisch unsinnig. Vorteile durch Synergieeffekte und Diversifizierung im Konzern gibt Continental mit der Zerschlagung auf.
Perspektiven unterschiedlich
Dabei sind die Perspektiven für die einzelnen Unternehmensteile unterschiedlich. Im Reifengeschäft, der Cash Cow im Konzern, dürften hohe Margen dank guter Marktposition weiter möglich sein. Nach der geplanten Veräußerung des Automotive-Geschäfts von Contitech bereits in diesem Jahr könnten auch die Aussichten für einen Verkauf des Industriegeschäfts besser stehen. Auf Nummer sicher geht Continental mit der Abspaltung und Börseneinführung des Autozuliefergeschäfts, das zum Spin-off noch Liquiditätshilfen in Milliardenhöhe erhält.