Zerstörerische Flammen
Ob auf sozialen Medien, am Telefon oder auf der Straße: „Bonnes vacances“ rufen sich derzeit Freunde, Bekannte und Nachbarn in Frankreich zu. Dort beginnt die Hauptferienzeit traditionellerweise nach dem Nationalfeiertag am 14. Juli. Schöne Ferien hätten sich auch Vertreter der Tourismusindustrie am Bassin d’Arcachon gewünscht. Doch der Waldbrand, der seit einer Woche in der südlich von Arcachon gelegenen Gemeinde La Teste-de-Buch wütet, hat ihre Pläne zunichte gemacht. Strände und Campingplätze in der Nähe der Düne von Pilat wurden vorsorglich geschlossen und Tausende von Urlaubern evakuiert. Der Tourismus ist die wichtigste Einnahmequelle des Beckens von Arcachon. Normalerweise beschert er ihm jedes Jahr einen Umsatz von rund 760 Mill. Euro. Gerade bei Franzosen ist die Gegend äußerst beliebt.
Seit jedoch Bilder riesiger Rauchwolken über der höchsten Düne Europas die Runde machen, stehen die Telefone der Tourismusbüros nicht mehr still. Noch habe es sehr wenige Stornierungen gegeben, berichtet Patrick Pujol, der Vorsitzende des Clubs der Hoteliers vom Bassin d’Arcachon. Doch viele Touristen riefen besorgt an, um sich nach der aktuellen Lage zu erkundigen, zumal der Waldbrand in La Teste-de-Buch Montag noch immer loderte.
Es ist nicht das einzige Feuer, das im Département Gironde wütet, denn im rund 40 Kilometer südlich von Bordeaux, nahe der Weinbaugebiete Sauternes und Graves gelegenen Landiras brennt der Wald ebenfalls. Dort sind bereits mehr als 9800 Hektar Opfer der Flammen geworden, in La Teste-de-Buch 4200 Hektar. Insgesamt haben Waldbrände in Frankreich in diesem Jahr bereits Flächen von mehr als 26000 Hektar zerstört, nachdem es 2021 im Gesamtjahr 30600 waren. Hitze und Dürre begünstigen das Entstehen der Brände in diesem Jahr. Am Bassin d’Arcachon soll ein Kurzschluss zu einem Brand eines Müllwagens auf einer Straße in den Pinienwäldern geführt und so das Feuer verursacht haben. In Landiras dagegen soll das Feuer vorsätzlich gelegt worden sein. Es ist an mehreren Stellen gleichzeitig ausgebrochen.
Betroffen ist genau das Gebiet, das für den umstrittenen Bau einer Hochgeschwindigkeitszugstrecke zwischen Bordeaux und Toulouse vorgesehen ist. Er soll 2023 oder 2024 beginnen. Die ersten Züge auf der 222 Kilometer langen Strecke sollen 2032 fahren. Bisher dauert eine Zugfahrt von Bordeaux nach Toulouse gut zwei Stunden – genau so viel wie die fast 600 Kilometer lange TGV-Verbindung von Paris nach Bordeaux. Deshalb nutzen die meisten Reisenden für die Strecke zwischen Toulouse und Paris die fast stündlichen Flugverbindungen von Air France, anstatt vier Stunden oder mehr mit dem Zug zu fahren.
Nach jahrelangen Klagen gegen das Projekt hat der Staatsrat im September vergangenen Jahres in letzter Instanz die Gemeinnützigkeit der geplanten Hochgeschwindigkeitszugstrecke bestätigt, so dass Gegner jetzt nicht mehr juristisch dagegen vorgehen können. Die Kosten des Projekts werden auf rund 7 Mrd. Euro geschätzt. Der französische Staat will sich daran mit 4,1 Mrd. Euro beteiligen. 20% der Kosten sollen von der EU, der Rest von den Gebietskörperschaften getragen werden.
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Auf die Solidarität Europas ist Paris jetzt auch im Kampf gegen die Waldbrände angewiesen. Griechenland und Italien haben gerade zwei Canadair-Löschflugzeuge geschickt. Im Rahmen der RescEU-Kooperation haben die beiden Länder zusammen mit Frankreich, Kroatien, Spanien und Schweden eine Reserveflotte von zwölf Löschflugzeugen und einem Hubschrauber gebildet, die sie ihren Partnern im Bedarfsfall zur Bekämpfung von Waldbränden zur Verfügung stellen. Der französische Zivilschutz verfügt selber über insgesamt 21 Löschflugzeuge, darunter zwölf Canadairs, sechs Dashs und drei Beechcrafts. Dazu sollen bald drei weitere Maschinen kommen. Die Flotte ist in Nîmes basiert. Deshalb fordern Politiker nun, dass ein Teil davon dauerhaft nach Südwestfrankreich verlegt wird. Denn in den ausgedehnten Pinienwäldern dort kommt es in den Sommermonaten so wie jetzt in La Teste-de-Buch und Landiras regelmäßig zu Waldbränden.