Zwischen Konsolidierung und Spezialisierung
Assetmanagement
Zwischen Fusionen und Spezialisierung
Von Wolf Brandes
Die Assetmanagement-Branche steht vor Umbrüchen durch ETFs und KI. Fusionen, Margendruck und Anpassungsbedarf prägen den Markt.
Die Assetmanagement-Branche ist im Wandel, doch nicht alle Entwicklungen versprechen eine bessere Zukunft. Zwei Trends dominieren die Diskussion: ETFs und künstliche Intelligenz.
ETFs haben sich als eine der größten Umwälzungen in der Investmentbranche etabliert. Ihr Vorteil liegt auf der Hand: niedrige Kosten, einfache Handhabung und breite Diversifikation. Doch die Kehrseite wird immer offensichtlicher. Gerade im Bereich der Anleihen haben ETFs im Jahr 2022 enttäuscht – ihre starre Struktur führte zu zweistelligen Verlusten. Zudem birgt der Trend zu aktiven ETFs die Gefahr, dass Marketing stärker in den Vordergrund rückt als tatsächlicher Mehrwert.
Große Assetmanager stehen vor einer besonderen Herausforderung. Wenn passive ETFs die Zuflüsse dominieren, brechen ihre Margen ein. Traditionelle aktive Fonds mit Margen von 70 Basispunkten stehen ETFs mit 5–10 Basispunkten gegenüber. Das Ergebnis? Fusionen und Übernahmen sind unvermeidlich. Amundi prüfte lange die Übernahme von Allianz Global Investors (AGI), um sich besser im europäischen Markt zu positionieren. Die Gespräche scheiterten an der Frage der Kontrolle über das fusionierte Unternehmen.
Der Konsolidierungsdruck bleibt hoch. So haben Generali und Natixis kürzlich eine Fusion angekündigt und wollen einen der größten europäischen Vermögensverwalter schaffen. Während solche Zusammenschlüsse Effizienz versprechen, bringen sie auch Risiken mit sich: Weniger Wettbewerb bedeutet, dass große Anbieter zunehmend in der Position sind, Preise und Marktbedingungen zu diktieren. Ein weiteres Problem ist die Dominanz der US-Giganten wie Blackrock und Vanguard. Europäische Assetmanager spielen in diesem Wettbewerb bislang nur eine untergeordnete Rolle, weshalb Fusionen oft als der einzige Weg gesehen werden, um Skaleneffekte zu erzielen.
Künstliche Intelligenz: Evolution oder Disruption?
Neben ETFs gilt künstliche Intelligenz als nächste Revolution in dieser Branche. Auf dem jüngsten Fondskongress in Mannheim war KI das zentrale Thema. Ob im Portfolio-Management, Backoffice oder Kundenservice – überall verspricht KI radikale Effizienzsteigerungen.
Die Realität sieht anders aus: KI wird nicht nur Assetmanager effizienter machen, sondern viele von ihnen überflüssig. Wenn Algorithmen in der Lage sind, Marktdaten besser zu analysieren und schneller zu reagieren als jeder Fondsmanager, stellt sich die Frage, welche Zukunft klassische aktive Strategien überhaupt noch haben. Auch wenn automatisierte Fondsprodukte ohne menschliches Zutun nicht zur neuen Norm werden – wer nicht auf den KI-Zug aufspringt, riskiert, vom Markt verdrängt zu werden.
Zudem könnte KI, anstatt für mehr Vielfalt zu sorgen, eine Angleichung der Strategien bewirken. Wenn alle großen Assetmanager ähnliche Algorithmen nutzen, die auf denselben Daten basieren, könnte das zu einer gefährlichen Monotonie im Markt führen. Schon heute zeigt sich, dass passive Investmentströme durch ETFs in dieselben Aktien fließen und dadurch neue Blasen entstehen können. Mit KI-gesteuerten Fonds könnte sich dieser Effekt noch verstärken.
Die große Frage: Wem nützt der Wandel?
Trotz der Gleichförmigkeit von ETFs und KI sowie des Trends zu Fusionen gibt es Häuser, die optimistisch in die Zukunft blicken. Mittelgroße Assetmanager wie Edmond de Rothschild oder Meag setzen auf Differenzierung durch spezialisierte Strategien und aktives Management. Sie fokussieren sich etwa auf illiquide Assetklassen wie Infrastruktur, Private Equity oder nachhaltige Investments, die nicht durch passive Produkte abgedeckt werden können.
Für Manager in der Sandwichposition liegt der Schlüssel in maßgeschneiderten Lösungen für institutionelle Investoren, die über Standardprodukte hinausgehen. Aber auch der Mittelstand der Fondsbranche ist in Gefahr. Wer es nicht schafft, Prozesse effizient zu gestalten und Mehrwert durch Beratung zu generieren, könnte langfristig von den Großen geschluckt werden.