Analysten erwarten höhere Prämie

Aktionäre könnten mit Commerzbank-Übernahme besser fahren

Während Commerzbank-CEO Bettina Orlopp auf der Euro Finance Week für die Eigenständigkeit ihrer Bank wirbt, sät ein Researchreport von KBW Zweifel. Die Analysten halten eine Übernahme durch Unicredit für vorteilhaft für die Aktionäre.

Aktionäre könnten mit Commerzbank-Übernahme besser fahren

Zweifel an Abwehr der Commerzbank

Orlopp verteidigt auf der Euro Finance Week Eigenständigkeit – KBW hält Übernahme durch Unicredit für vorteilhaft

lee/phh Frankfurt

Commerzbank-Chefin Bettina Orlopp hat am Montag die Bühne der Euro Finance Week genutzt, um für die Eigenständigkeit der Commerzbank zu werben. Derweil sät ein Analystenreport von Keefe, Bruyette & Woods Zweifel, ob eine erfolgreiche Abwehr der Unicredit-Avancen im Sinne der Aktionäre wäre.

Der Showdown der deutschen Top-Bankerinnen auf der Euro Finance Week ist ausgeblieben. Dank des krankheitsbedingten Fernbleibens der HVB-Chefin Marion Höllinger konnte Commerzbank-Chefin Bettina Orlopp die Bühne nutzen, um ein weiteres Mal für die Eigenständigkeit ihrer von Unicredit bedrängten Bank zu werben. Ob dieses Szenario auch für die Aktionäre das vorteilhafteste wäre, zieht ein aktueller Researchreport von Keefe, Bruyette & Woods (KBW) allerdings in Zweifel.

Offerte nach Bundestagswahl

Die KBW-Analysten Thomas Hallett und Hugo Cruz schreiben in der am Montag veröffentlichten Publikation, dass sie mit nicht allzu großem zeitlichen Abstand zum Kapitalmarkttag der Commerzbank am 13. Februar und der zehn Tage später anberaumten Bundestagswahl mit einem formellen Übernahmeangebot rechnen.

Dabei gehen die beiden Analysten davon aus, dass Unicredit offenbar bereit ist, eine großzügige Prämie für die zweitgrößte deutsche Privatbank zu zahlen. Hatten sie im September die Schmerzgrenze der Italiener noch bei 19 Euro lokalisiert, gehen sie nun davon aus, dass sie den Commerzbank-Aktionären bis zu 21 Euro pro Aktie anbieten könnten.

Zwar erkennen die Analysten an, dass die verbleibende Staatsbeteiligung in Höhe von 12% an der Commerzbank ein Risiko für Unicredit darstellt. Sie gehen aber davon aus, dass die Italiener dieses durch Zugeständnisse mit Blick auf Job- und Standortzusagen minimieren können. Für die Bewertung der Vor- und Nachteile einer Übernahme der Commerzbank ziehen die KBW-Analysten die Entwicklung der inzwischen komplett im Unicredit-Konzern aufgegangenen HVB heran. Das Münchener Institut sei nach der Übernahme profitabler geworden und erziele höhere Kapitalrenditen. Die von vielen beklagte Ansicht, dass die HVB unter den neuen Eigentümern Bedeutung eingebüßt habe, treibt sie offenbar nicht um.

Mehr Ertrag pro Risikoaktiva

Stattdessen beschäftigen sie sich mit dem Verhältnis der Spartenerträge zu den gewichteten Risikoaktiva. Hier ist Unicredit bei der HVB zuletzt offenbar deutlich besser vorangekommen als die Commerzbank im Alleingang. Zwecks Vergleichbarkeit haben sie dabei das Geschäft der polnischen Commerzbank-Tochter herausgerechnet. Im Firmenkundengeschäft verzeichneten beide Institute demnach einen stetigen Anstieg. Im Firmenkundengeschäft kletterte der Anteil der Erträge bei der HVB von 4,3% im Jahr 2021 auf 6,0% im Jahr 2023. Bei der Commerzbank von 3,9% auf 5,4%, wie die Analysten errechnet haben.

Im Retailgeschäft gelang es der HVB demnach sogar, die Commerzbank bei der Verbesserung dieser Kennziffer zu überflügeln. Lag der Anteil der Erträge hier 2021 bei der HVB mit 11,1% noch deutlich hinter dem der Commerzbank (13,0%), hatten die Italo-Münchner 2023 mit 13,3% die Nase vor der Commerzbank, die es auf 12,9% brachte.

Auch kostenseitig kann die HVB im Retailgeschäft punkten; obwohl das personalintensive Filialnetz beider Institute auf ein ähnliches Maß zurückgestutzt wurde, ist die Aufwand-Ertrags-Quote der HVB doch besser als die der Commerzbank.

Nach Ansicht der KBW-Analysten verspricht der Zusammenschluss von HVB und Commerzbank unter dem Dach der Unicredit einen materiellen Anstieg der Profitabilität, auch dank sinkender Kosten. In dieser Konstellation werde die Commerzbank bis 2027 deutlich höhere Eigenkapitalrenditen erzielen. Ob sich die Commerzbank-Chefin überzeugen lässt, bleibt abzuwarten. „Wenn jemand eine gute Idee hat, wie er den deutschen Markt vorantreiben will, hören wir uns das an“, so Orlopp am Montag. Ein Rückzug von Unicredit wäre laut KBW momentan das größere Risiko. Es drohe ein Kursabschlag von bis zu 20%, schreiben sie.

Wie die Analysten schreiben, dürfte dies zum Teil durch den massiveren Stellenabbau zu erklären sein. Ob Unicredit dies bei der Commerzbank wiederholen kann, hängt auch davon ab, welche Zugeständnisse sie der neuen Bundesregierung im Falle einer Mehrheitsübernahme machen müsste.