„Das Zeitfenster für die große T+1-Migration ist fast alternativlos“
IM GESPRÄCH: HEIDI DITTMAR
„Zeitfenster für T+1-Migration ist fast alternativlos“
Die Deutschland-Chefin von Broadridge legt Wert auf harmonisierte Umstellung des Wertpapier-Abwicklungszyklus – Instant Payments hat Vorzüge
Von Björn Godenrath, Frankfurt
Von Björn Godenrath, Frankfurt
Broadridge ist ein globaler Technologieanbieter mit Hauptsitz in den USA, der im Wertpapiergeschäft, in der Kommunikation mit Anlegern und dem allgemeinen Zahlungsverkehr tätig ist. Das Unternehmen ist seit 60 Jahren auf dem Markt und wickelt mit seinen Technologie- und Betriebsplattformen täglich über 10 Bill. Dollar ab. „Was die ausgelagerte Wertpapierabwicklung in den USA und anderen Märkten betrifft, so gibt es einige Ähnlichkeiten mit dem Ansatz der in Deutschland tätigen Transaktionsbanken. Darüber hinaus ist Broadridge sehr stark beim Corporate-Governance-Management rund um Hauptversammlungen – einschließlich des gesamten Lebenszyklus des Proxy-Managements vom Emittenten bis zum Investor“, so die Deutschland-Geschäftsführerin Heidi Dittmar im Gespräch mit der Börsen-Zeitung.
Sie kam nach einer Station bei der Deutschen Bank in Frankfurt vor 20 Jahren zu Broadridge und betreut nun federführend den deutschen Kundenstamm aus den Bereichen Asset und Wealth Management, Investor Communications, Kapitalmarkt und Firmenkunden. Außerdem verantwortet sie für Broadridge das internationale Swift Service Bureau, also das Drehkreuz für alles, was mit Zahlungsabwicklung zu tun hat.
Jeder zweite ist T+1 ready
Viel Bewegung ist in der europäischen Wertpapierabwicklung, nachdem im Herbst beschlossen wurde, den Zyklus um einen Tag auf T+1 zu verkürzen. Die USA waren diesen Schritt im vergangenen Jahr gegangen, und Dittmar zufolge ist im Zuge dieser Angleichung nun schon jedes zweite europäische Wertpapierhaus T+1 ready. „Alle Banken und Fondsgesellschaften, die am US-Geschäft beteiligt sind, mussten darauf vorbereitet sein. Und wie wir während der Umstellung sehen konnten, ist es vor allem eine Prozessfrage, die eine detaillierte und rechtzeitige Planung im Vorfeld erfordert, um die Umstellung reibungslos und effizient – kurzum unfallfrei – durchzuführen und gleichzeitig die Risiken zu minimieren.“
Großbritannien und die Schweiz haben schon die T+1-Umstellung für November 2027 beschlossen, sodass es fast alternativlos ist, in dieses Zeitfenster zu gehen. Als große Migration sollte das harmonisiert ablaufen im internationalen Kontext.
Der Plan für die T+1-Migration sieht vor, dass diese im Oktober 2027 stattfindet. Für Heidi Dittmar ist das machbar. „Auch wenn einige Marktteilnehmer das Datum als ambitioniert ansehen, so können wir doch auf die Lerneffekte aus Nordamerika zurückgreifen. Das ist in der Umsetzung dann eine Frage der Prioritäten. Außerdem haben Großbritannien und die Schweiz schon die Umstellung für November 2027 beschlossen, sodass es fast alternativlos ist, in dieses Zeitfenster zu gehen. Das sollte als große Migration schließlich auch harmonisiert ablaufen im internationalen Kontext.“
Eine andere große Baustelle, die Heidi Dittmar derzeit beschäftigt, ist die Einführung von Instant Payments (IP). Was schon läuft, ist das Empfangen und Verbuchungen von IP-Zahlungen, in neun Monaten kommt mit dem Senden der zweite Schritt dazu. „Das sollte im Großen und Ganzen alles gut funktionieren, aber es gibt eine Sache, die der Branche noch Kopfzerbrechen bereitet. Und das ist die sogenannte Verification of Payee. Dafür muss ein blitzschneller Abgleich von IBAN und Kontoidentität stattfinden, was nicht trivial ist. Und da hatten viele gehofft, dass Bundesbank oder Swift etwas dafür bereitstellen, was aber nicht passiert. Einzig EBA Clearing hat da eine paneuropäische Lösung.“
13 von 20 Ländern in Europa haben noch keinen „national payment scheme“, und für die ergäben sich gewaltige Vorteile in der Verwaltung von Geldern mit der Einführung von Instant Payment als scheme über die ganze Wertschöpfungskette.
Regulate to innovate
Ihre Sicht auf Instant Payments ist positiv. „Die Regulierung zwingt Banken und Payment Service Provider dazu, das als Chance zu begreifen. In der Branche kursiert ja auch das Sprichwort ‚Regulate to innovate‘. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, dass 13 von 20 Ländern in Europa keinen ‚national payment scheme‘ haben und sich für die gewaltige Vorteile in der Verwaltung von Geldern ergäben mit Einführung von Instant Payment als scheme über die ganze Wertschöpfungskette.“
An jede Zahlung sind fünf bis sechs Nachrichten gekoppelt, und eine Zahlung findet bisher über Tage verteilt statt. Das geht bei Instant Payments synchron in einem Schritt, was definitiv Ressourcen schont.
Nicht außer Acht lassen sollte man Dittmar zufolge, dass es in den Abläufen zu wesentlichen Verbesserungen kommt. „An jede Zahlung sind fünf bis sechs Nachrichten gekoppelt, und eine Zahlung findet bisher über Tage verteilt statt. Das geht bei Instant Payments synchron in einem Schritt, was definitiv Ressourcen schont. Darin liegt also ein gewisses Potenzial zur Kostenreduktion.“
Broadridge ist in den USA, das was, die DWP Bank für deutschen Wertpapiermarkt ist. Das Augenmerk von Deutschland-Chefin Heidi Dittmar ist derzeit vor allem auf die für Ende 2027 anstehende Settlement-Verkürzung sowie die vollumfängliche Einführung von Instant Payments in neun Monaten gerichtet.