Grüne Kredite für die ökologische Wende
Grüne Kredite für die ökologische Wende
Pfandbriefbanken refinanzieren sich über nachhaltige Anleihen. Der Grüne Pfandbrief trifft auf den härteren EU-Green-Bond-Standard. Die EU-Taxonomie erweist sich dabei als kaum vollständig erfüllbar.
Von Thomas List, Frankfurt
Grüne Finanzierungen gehören inzwischen zum Standardkreditangebot der meisten Banken. Will man sie über nachhaltige Anleihen refinanzieren, müssen sie bestimmten Standards entsprechen. Nur so sind sie für die wachsende Zahl der institutionellen Investoren interessant, die sich wiederum gegenüber ihren Kunden verpflichtet haben, ihr Kapital nachhaltig anzulegen.
Basis Green Bond Principles
Die Mindeststandards des VDP für Grüne Pfandbriefe basieren auf den Green Bond Principles (GBP) der International Capital Market Association (ICMA). Jeder Emittent solcher Pfandbriefe muss ein Green Bond Framework erstellen, das ebenfalls auf den Green Bond Principles basiert. Der Emittent muss einmal im Jahr ein Impact Reporting erstellen und veröffentlichen, aus dem hervorgeht, wie viel CO2 von den finanzierten Objekten verbraucht und eingespart wurde. Die Angaben müssen regelmäßig von einer unabhängigen, externen Stelle überprüft werden.
Den ersten nachhaltigen Pfandbrief hat die Münchener Hypothekenbank im Jahr 2014 emittiert. Ein Jahr später folgte die Berlin Hyp mit dem ersten Grünen Pfandbrief. Seit 2019 hat der Pfandbriefbankenverband VDP Mindeststandards für grüne Hypothekenpfandbriefe verabschiedet. Inzwischen gibt es nach Verbandsangaben 14 deutsche Pfandbriefbanken, die grüne und soziale Pfandbriefe emittieren. 2023 und auch 2024 waren bereits ein Fünftel der Benchmark-Emissionen nachhaltige Pfandbriefe.
Am 21. Dezember 2024 in Kraft getreten
Es gibt allerdings nicht nur einen grünen Anleihestandard. Am 21. Dezember 2024 ist der Green-Bond-Standard der EU in Kraft getreten. Dessen Bedingungen sind in Bezug auf die EU-Taxonomie strenger. Kredite, die sich unter dem EU-Green-Bond-Standard qualifizieren wollen, müssen wesentlich zu einem der sechs Umweltziele der EU-Taxonomie beitragen. Das sind Klimaschutz, Anpassung an den Klimawandel, nachhaltige Nutzung der Wasserressourcen, Wandel zur Kreislaufwirtschaft, Vermeidung von Verschmutzung und Schutz von Ökosystemen und Biodiversität. Gleichzeitig dürfen sie aber auch nicht die fünf anderen Taxonomie-Kriterien gefährden (Do No Significant Harm).
In der Praxis dürfte diese nahezu 100-prozentige Taxonomiekonformität aber schwer zu erfüllen sein. Zum einen reicht die Datenlage für einen Nachweis der Nachhaltigkeit oft nicht aus. Zum anderen entsprechen viele Finanzierungen in der Praxis einfach nicht diesem „Gold-Standard“. Das gilt für all die Fälle, in denen zum Beispiel nur Teile eines Hauses wie die Küche erneuert werden und konventionelle Energie durch erneuerbare Energieträger eingespart wird. Aber auch ein neu gebautes Passivhaus wäre im Sinne der „Do No Significant Harm“-Regel nicht taxonoimiekonform, wenn zum Beispiel die Toilettenspülung einen bestimmten Wasserverbrauch übersteigt.
Eng an Taxonomie angelehnt
„Aus diesen Gründen wenden wir die ,Do No Signicant Harm`-Regel bei unserem Mindeststandard für grüne Pfandbriefe nicht an“, sagt Sascha Kullig, Mitglied der Geschäftsleitung des Pfandbriefverbandes VDP. „Wir lehnen uns aber eng an die EU-Taxonomie an. Für uns sind alle Finanzierungen grün, die einen substanziellen Beitrag zu einem der sechs Umweltziele der Taxonomie leisten.“ Am 1. Januar 2025 werden die VDP-Mindeststandards verschärft. In der Neubaufinanzierung muss der Primärenergiebedarf der Immobilie zukünftig mindestens 10% unter dem nationalen Standard für Niedrigstenergiegebäude (NZEB) liegen.
In der Bestandsfinanzierung müssen dann die finanzierten Objekte entweder einen Energieausweis von mindestens „A“ haben oder zu den besten 15% des nationalen Gebäudebestands in Bezug auf die Energieeffizienz gehören oder über ein exzellentes Nachhaltigkeitszertifikat (Gewerbe) verfügen bzw. über ein KfW-Förderprogramm für energieeffizientes Bauen mitfinanziert werden (Wohnen). Die letzten beiden Kriterien für Gewerbe bzw. Wohnen sind nicht taxonomiekonform. Die ersten beiden schon.
Nachhaltigkeit als zentrales Ziel
Bei der Münchener Hyp betrug im Neugeschäft mit Wohnimmobilienfinanzierungen der Anteil an nachhaltigen Darlehen im ersten Halbjahr 2024 gerade 12,7%. Immerhin 37,1% des gewerblichen Immobilienfinanzierungsbestands entfiel auf grüne Darlehen.
Die Bank hat sich 2024 u.a. mit zwei grünen Hypothekenpfandbriefen refinanziert. Bei der jüngsten 500-Mill.-Euro-Emission im Oktober entfielen nach Angaben der Bank rund 18% des gezeichneten Volumens auf Investoren, die sich auf grüne und nachhaltige Investments spezialisiert haben. Ende 2023 lag das Volumen grüner Anleihen bei 3 Mrd. Euro und 1,1 Mrd. sfr. Davon entfielen 2,3 Mrd. Euro auf grüne Pfandbriefe.
Bei der Berlin Hyp, nach VDP-Zahlen größter Emittent Grüner Pfandbriefe, lag das Green-Finance-Portfolio mit Finanzierungen für 625 Green Buildings nach eigenen Angaben Ende 2023 bei 10,8 Mrd. Euro. Davon verfügten 85% über einen Energieausweis. 1% der Kredite erfüllte die EU-Taxoniomiekriterien komplett. Nach Angaben von Sascha Klaus, Vorstandsvorsitzender der Berlin Hyp, will die Bank den Anteil der auf die Finanzierung von Green Buildings entfallenden Darlehen bis 2025 auf ein Drittel erhöhen. „Die Green-Building-Quote der Berlin Hyp hat sich gegenwärtig mit 35,1% spürbar besser entwickelt. Das gesetzte Ziel wurde entsprechend zwei Jahre früher erreicht.“
Die Bank misst den Impact über die finanzierte Emissionsintensität im Geschäftsportfolio: Emissionen pro Fläche der finanzierten Objekte, gewichtet nach finanzierter Fläche. Zum 30. Juni 2024 betrug die finanzierte Emissionsintensität der Berlin Hyp 27,2 Kilogramm CO2 pro Quadratmeter (31. Dezember 2023: 30,0 Kilogramm CO2 pro Quadratmeter). Das war im Vergleich zum gesetzten Soll-Wert eine deutliche Verbesserung.
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