Deutsches Klimaziel für 2030 steht weiter infrage
Deutsches Klimaziel für 2030 steht weiter infrage
Expertenrat mahnt politische Nachjustierungen an
ahe Berlin
Obwohl sich die klimapolitischen Anstrengungen der Bundesregierung nach Einschätzung des Expertenrates für Klimafragen erkennbar verstärkt haben, werden die Emissionsziele für 2030 ohne weitere Nachjustierungen verfehlt. Um den Ausstoß an Treibhausgasen bis zum Ende der Dekade wie geplant um 65% im Vergleich zu 1990 zu senken, seien „wesentliche Anpassungen in der Ausrichtung“ nötig, stellte der Vorsitzende des Expertengremiums, Hans-Martin Henning, am Mittwoch klar.
Das neue, zweijährige Gutachten des unabhängigen Rates hatte ergeben, dass sich der Rückgang des CO2-Ausstoßes zuletzt beschleunigt hatte und die Jahresziele erreicht wurden. Von 2021 bis 2023 wurde ein Rückgang der Emissionen um knapp 12% verzeichnet, zu dem alle Sektoren bis auf den Verkehrsbereich beigetragen hatten. Erhebliche Verbesserungen gab es insbesondere in der Energiewirtschaft (−18%), die beim Aufbau eines neuen, nicht-fossilen Kapitalstocks voran gekommen war, sowie in der Industrie (−15%). In der Industrie waren allerdings vor allem höhere Energiepreise sowie konjunkturelle und strukturelle Nachfragerückgänge für die Emissionsminderung verantwortlich.
Deutlich mehr Tempo notwendig
Sollte allerdings das 2030-Klimaziel noch erreicht werden, müsste nach Berechnungen des Expertenrates das Tempo des Rückgangs noch um 50% und damit deutlich zulegen. Besonders der Gebäude- und Verkehrssektor blieben problematisch, hieß es. Wälder und Moore würden zudem unterm Strich CO2 produzieren, obwohl sie laut Planungen eigentlich zum Klimaschutz beitragen sollten.
Die neue Bundesregierung muss innerhalb eines Jahres ein Klimaprogramm vorlegen. Henning betonte, die Klimapolitik müsse künftig „breiter gedacht“ und umfassend in eine politische Gesamtstrategie eingebettet werden. Der Expertenrat empfiehlt einen zentralen Koordinierungsmechanismus, zum Beispiel über die Wiedereinführung eines Klimakabinetts. Eine Rücknahme des Heizungsgesetzes, wie von der CDU angekündigt, lehnte Henning ab, auch unter Verweis auf EU-Vorgaben.
Soziale Schieflagen
Die Frage nach der Finanzierbarkeit muss nach Ansicht des Expertenrats bei der Planung und Priorisierung
von Klimaschutzmaßnahmen in Zukunft eine zentrale Rolle spielen. Das Gremium verwies auf 13 verschiedene Studien, die den jährlichen Bedarf von privaten und öffentlichen Investitionen für die Transformation auf ein Volumen von 135 bis 255 Mrd. Euro beziffern. An zusätzlichen Investition sind demnach 51 bis 150 Mrd. Euro jährlich nötig, so das Beratergremium.
Der Expertenrat verwies zugleich auf soziale Schieflagen in der bisherigen Klimapolitik. Von Fördermaßnahmen profitierten eher einkommensstärkere Haushalte, erklärte die stellvertretende Vorsitzende Brigitte Knopf. Privathaushalte seien zugleich vor allem in den Bereichen Gebäude und Verkehr von finanziellen Auswirkungen der Klimamaßnahmen betroffen.