Agrarhändler in der Krise

Vize-Chefkontrolleur der Baywa zieht Konsequenzen

Mit Wolfgang Altmüller hat ein Schlüsselfunktionär der bayerischen Kreditgenossen den Aufsichtsrat der Baywa verlassen. Er zieht damit die Konsequenzen aus der Existenzkrise des zum Genossenschaftssektor gehörenden Agrarhandelskonzerns.

Vize-Chefkontrolleur der Baywa zieht Konsequenzen

Kriselnde Baywa verliert ersten Top-Funktionär

sck München

Aufgrund der Krise des Agrarhandelskonzerns Baywa hat erstmals ein hoher Funktionär aus dem Kreis der kreditgenossenschaftlichen Eigentümer die Konsequenzen gezogen. Der zweite Vize-Chefaufseher im Aufsichtsrat, Wolfgang Altmüller, legt sein Amt mit sofortiger Wirkung nieder. Altmüller, zugleich Aufsichtsratschef des Baywa-Großaktionärs Bayerische Raiffeisen Beteiligungs-AG (38,1%), bezeichnete seinen Schritt als „Signal nach innen und außen auf dem Weg zur Neuausrichtung“ des Unternehmens, wie die Nachrichtenagentur Reuters aus einem ihr vorliegenden Schriftstück zitierte. Aufsichtsratschef Gregor Scheller nahm das Rücktrittsgesuch an. Ihm kommt das gelegen. Scheller will die Kapitalseite des Organs mit mehr unabhängigen Personen besetzen.

Als Vertreter des Großaktionärs erfüllte Altmüller dieses Kriterium nicht. Das Amtsgericht München muss nun vorerst einen Ersatzvertreter für ihn bestellen. Zum Kreis der bayerischen Kreditgenossen-Funktionäre im Aufsichtsrat der Baywa gehört noch Wilhelm Oberhofer. Der Manager (Jahrgang 1968) gehört dem Gremium seit 2015 an. Er ist Vorsitzender des Prüfungsausschusses. Hauptberuflich ist Oberhofer Vorstand der Raiffeisenbank Kempten und Vorstand der Bayerischen Raiffeisen Beteiligungs-AG. Nach Altmüllers Rücktritt ist kaum vorstellbar, dass sich Oberhofer noch länger im Aufsichtsrat der Baywa halten kann.

Langjährige Kollegen

Altmüller und Scheller kennen sich sehr gut. Beide sind unter den bayerischen Volks- und Raiffeisenbanken gut vernetzt. Der Kreditgenosse Scheller führt das Kontrollgremium der Baywa seit einem halben Jahr. Altmüller ist hauptberuflich Vorstandsvorsitzender der Meine Volksbank Raiffeisenbank e.G. in Rosenheim. Es handelt sich um das größte Primärinstitut der Kreditgenossen im Freistaat. Der 58-Jährige führt darüber hinaus den Verbandsrat des Dachverbands BVR mit Sitz in Berlin.

Wachsender Druck

Altmüller geriet wegen der Existenzkrise sowohl innerhalb des Finanzverbunds als auch in der Öffentlichkeit immer stärker unter Druck.

Die vor kurzem von der Baywa veröffentlichten Zahlen zum dritten Quartal legten abermals Zeugnis ab über das Ausmaß des Desasters. Zusammen mit anderen Vertretern der Kapitalseite im insgesamt 16-köpfigen Aufsichtsrat wurde er auf der Hauptversammlung im Juni vom anwesenden Grundkapital für eine weitere Amtsperiode wiedergewählt Sein Mandat wäre damit erst im Jahr 2028 ausgelaufen. Altmüller gehörte dem Gremium seit 2014 an. Dort war er auch Mitglied des Prüfungsausschusses. In dieser Rolle hatte er einen guten Einblick über die finanzielle Lage des zum Genossenschaftssektor gehörenden Konzerns.

Viele Führungswechsel

Erster stellvertretender Aufsichtsratschef ist der von der Arbeitnehmerseite kommende Baywa-Gesamtbetriebsratsvorsitzende Bernhard Loy. Vor Schellers Eintritt übernahm der 58-Jährige vorübergehend für mehr als drei Monate das Amt des Chefaufsehers. Anlass war der abrupte Rücktritt seines Vorgängers Klaus Josef Lutz Ende Januar 2023. Der frühere Langzeit-Vorstandschef schmiss nach einen Machtkampf mit seinem CEO-Nachfolger Marcus Pöllinger hin. Letzterer ist auch nicht mehr an Bord. Ende Oktober ging auch Pöllinger von Bord. Er führte die Baywa insgesamt nur 19 Monate.