Deutsche Industrie überrascht mit Rekordaufträgen
Die deutsche Industrie hat im Juli trotz Engpässen bei wichtigen Vorprodukten wie Mikrochips neue Aufträge in Rekordhöhe an Land gezogen. Die Unternehmen sammelten 3,4% mehr Bestellungen ein als im Vormonat, wie das Statistische Bundesamt am Montag mitteilte. „Der Auftragseingang erreichte damit seinen höchsten Stand seit dem Beginn der Zeitreihe im Jahr 1991“, hieß es dazu. Das kommt mehr als überraschend: Von Reuters befragte Ökonomen hatten mit einem Rückgang von 1,0% gerechnet, nach einem Plus von 4,6% im Vormonat. „Der deutliche Anstieg im Vormonatsvergleich kommt durch Großaufträge zustande“, erklärten die Statistiker, die etwa den Bereich Schiffsbau erwähnten.
Für das gute Abschneiden sorgte die höhere Auslandsnachfrage. Die Aufträge aus dem Ausland legten um 8,0% zu, insbesondere aus den Regionen außerhalb der Euro-Zone (+15,7%). Die Bestellungen aus dem Inland ließen dagegen um 2,5% nach.
Gemessen am Februar 2020, dem Monat vor Beginn der Einschränkungen im Zuge der Corona-Pandemie, liegen die Aufträge nun um 15,7% höher. Verglichen mit dem deutlich von der Pandemie beeinträchtigten Vorjahresmonat Juli 2020 zogen sie um 24,4% an.
„Wahnsinn! In Anbetracht des üppigen Auftragszuwachses im Vormonat kommt das erneute deutliche Plus überraschend“, sagt Thomas Gitzel, Chefvolkswirt bei der VP Bank. Er führt weiter aus: „Zwar blicken die Unternehmen auf volle Auftragsbücher, doch so rechte Freude mag darüber nicht aufkommen, weil der Materialmangel die Stimmung sogleich wieder verdirbt. So manch kleinerer Betrieb spricht aufgrund des Materialmangels gar mittlerweile von einer existenzbedrohenden Situation. Zum Leidwesen der Industrie wird die Knappheit und die Logistikschwierigkeiten noch längere Zeit anhalten. Branchenverbände und Logistikunternehmen geben jedenfalls keine Entwarnung.Auch von anderer Seite sind dunkle Wolken am Horizont auszumachen. Die wirtschaftliche Entwicklung in Fernost könnte die deutsche Wirtschaft etwas ausbremsen. Die chinesische Konjunktur kühlt sich derzeit ab, was auch an der deutschen Industrie nicht spurlos vorüberziehen wird.”