Türkei

Erdogan löst Absturz von Aktien und Lira aus

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat zum dritten Mal seit Mitte 2019 den Notenbank-Chef entlassen – und damit heftige Kursbewegungen am türkischen Aktien- und Devisenmarkt ausgelöst. Die türkische Lira ist am Montag um bis zu 15%...

Erdogan löst Absturz von Aktien und Lira aus

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat zum dritten Mal seit Mitte 2019 den Notenbank-Chef entlassen – und damit heftige Kursbewegungen am türkischen Aktien- und Devisenmarkt ausgelöst. Die türkische Lira ist am Montag um bis zu 15% abgestürzt. Ein Dollar kostete am Montag zeitweise 8,4850 Lira, nachdem die US-Währung am Freitag noch für 7,2185 Lira den Besitzer gewechselt hatte. Im Handelsverlauf machte die Lira allerdings einen Teil der Verluste wieder wett. Für etwas Beruhigung sorgten Aussagen des Finanzministers, die Türkei werde sich an die Regeln des freien Marktes halten.

Am Aktienmarkt in Istanbul musste, wie Bloomberg meldet, der Handel unterbrochen werden, nachdem der Benchmark-Index Bist 100 zur Eröffnung um mehr als 5% gefallen war. Den Angaben zufolge war es das erste Mal seit Einführung des Index, dass der marktweite Handel in der Türkei angehalten werden musste.

Auslöser des Absturzes der Lira und der Kurseinbußen am Aktienmarkt am Montag ist die Absetzung des Notenbankchefs Naci Agbal, der noch am Donnerstag die Zinsen in der Türkei deutlich angehoben hatte. Daraufhin hatte Erdogan als erklärter Gegner hoher Zinsen den Notenbankchef am Wochenende ausgewechselt und mit Sahap Kavcioglu, einem Ex-Abgeordneten der Regierungspartei, einen erklärten Gegner einer straffen Geldpolitik auf den Posten gesetzt. Agbal war erst seit knapp fünf Monaten im Amt.

„Das Vertrauen in die türkische Geldpolitik und deren Unabhängigkeit nahm mit dem Beschluss des Staatsoberhauptes bitterlichen Schaden“, kommentierte Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank, den Schritt. Da das Land unter einem großen Berg von Fremdwährungskrediten leide, werde die Währungsschwäche zu einem akuten Problem.

Agbal hatte in den wenigen Monaten seiner Amtszeit die Zinsen kräftig angehoben – auf zuletzt 19%. Begründet hatte er dies mit dem Kampf gegen die Inflation. Experten hatten ihn dafür gelobt. Erdogan hatte indes wiederholt zur Senkung der Zinsen aufgerufen.

Am Donnerstag hatte Agbal die Zinsen stärker als von Experten erwartet angehoben und erklärt, er habe die Straffung wegen steigender Inflationserwartungen „vorgezogen“. Höhere Zinsen stärken die Landeswährung, was Importe verbilligt und damit den Preisauftrieb dämpft. Bei Erdogan kam dieser Schritt aber offensichtlich nicht gut an.

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