Aktionäre bestätigen Adler-Verwaltungsräte
Von Helmut Kipp, Frankfurt
Die Aktionäre der in Bedrängnis geratenen Adler Group haben die amtierenden Verwaltungsräte mit großer Mehrheit wiedergewählt. Die Zustimmungsquoten bewegten sich zwischen knapp 90 und fast 100%. Das kann man durchaus als erstaunlich werten, da der Konzern seit Monaten massiv in der Kritik steht. CEO Thierry Beaudemoulin erhielt bei der Wiederbestellung 95,9% Ja-Stimmen, und die beiden Verwaltungsräte Thilo Schmid und Thomas Zinnöcker kamen auf 89,4 bzw. 95,8%. Die höchste Zustimmung erhielt mit 99,9% der neue Verwaltungsratschef Stefan Kirsten, der seit Mitte Februar 2022 im Amt ist. Die Amtszeit läuft drei Jahre.
Ende April hatten alle acht Verwaltungsräte, die 2021 im Amt waren, mit sofortiger Wirkung ihren Rücktritt angeboten. Der Schritt wurde fällig, weil der Wirtschaftsprüfer KPMG Luxembourg dem Wohnimmobilienkonzern das Testat für den Jahresabschluss 2021 versagt hatte. Beaudemoulin, Schmid und Zinnöcker machten aber weiter und stellten sich nun zur Wiederwahl. Auf mittlere Sicht soll der Verwaltungsrat um ein fünftes Mitglied aufgestockt werden – dann, wenn ein dauerhafter CFO an Bord ist.
Wirtschaftsprüfer gesucht
Den Verbleib Beaudemoulins hatte Kirsten vor zwei Monaten mit dem Hinweis gerechtfertigt, dass er die Immobilienverkäufe der letzten Monate sehr gut gemanagt habe. Es sei im Sinne der Kontinuität des Business, dass Beaudemoulin, Schmid und Zinnöcker weitermachen. Seit Anfang Juni ist mit Thomas Echelmeyer wieder ein CFO im Amt. Der Finanzberater und Wirtschaftsprüfer übernimmt diese Funktion aber nur vorübergehend. Vorgänger Maximilian Rienecker war im Zuge der Testatsverweigerung ausgeschieden.
Zu den vordringlichen Aufgaben gehört nun die Suche nach einem neuen Wirtschaftsprüfer. Dieser soll später auf einer weiteren Hauptversammlung gewählt werden. KPMG Luxembourg hatte eine Fortführung des Mandats abgelehnt. Adler hat derzeit nach eigener Einschätzung keinen Zugang zum Bank- und Kapitalmarkt, der Sonderprüfungsbericht von KPMG Forensic zu den Anschuldigungen des Short Sellers Fraser Perring brachte nicht den erhofften Befreiungsschlag.
Beaudemoulin kam im Zuge der im Dezember 2019 eingefädelten Fusion der Wohnungskonzerne Ado Properties und Adler Real Estate und der Übernahme des Projektentwicklers Consus zur heutigen Adler Group. Bis zum Abgang Rieneckers leitete er das Unternehmen mit ihm als Co-CEO. Zuvor steuerte er von März 2006 bis Oktober 2019 das Deutschlandgeschäft des französischen Immobilienkonzerns Covivio. Zudem ist Beaudemoulin CEO und Chief Operating Officer der Tochter Adler Real Estate, die Adler Group via Squeeze-out von der Börse nehmen will. Der 1971 in Montreuil geborene Manager arbeitet seit über 25 Jahren im Immobiliengeschäft. Vor der Fusion von Ado und Adler Real Estate war er für kurze Zeit CEO von Ado, die heute als Adler Group firmiert.
Schmid und Zinnöcker sitzen seit Oktober 2020 im Verwaltungsrat. Als Leiter des wichtigen Prüfungsausschusses muss sich Schmid federführend darum kümmern, die Testatshindernisse aus dem Weg zu räumen. Er ist seit 2008 als Investment Manager beim Schweizer Family Office Wecken für Venture-Capital- und Immobilieninvestitionen verantwortlich. Wecken gehört zu den Aktionären von Adler Group, liegt aber unter der Meldepflicht. In früheren Funktionen arbeitete Schmid als Immobilien-Projektcontroller. Zinnöcker, studierter Betriebswirt, leitet den Investitions- und Finanzausschuss. Er war unter anderem CEO von GSW Immobilien und von Gagfah, die einst eigenständige börsennotierte Unternehmen waren und heute zum Marktführer Vonovia gehören, und ist seit 2016 Mitglied des Vorstands des Immobilienverbands ZIA. Von 2014 bis 2020 war er Vorstandsvorsitzender des Instituts für Corporate Governance in der deutschen Immobilienwirtschaft.