Internationale Diplomatie

Amy Gutmann soll erste US-Botschafterin in Berlin werden

Als US-Botschafter in Berlin hatte Richard Grenell immer wieder Aufsehen erregt. Nun soll mit Amy Gutmann, Präsident Joe Bidens Kandidatin für den diplomatischen Posten, in den bilateralen Beziehungen wieder Ruhe einkehren.

Amy Gutmann soll erste US-Botschafterin in Berlin werden

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Nachdem Richard Grenell, der ehemalige US-Botschafter in Berlin, wiederholt seine Gastgeber brüskiert hatte, will Präsident Joe Biden nun versöhnliche Gesten gegenüber einem der wichtigsten Bündnispartner setzen. Wie mehrere Quellen in Washington berichten, hat Biden am Mittwoch die Politikwissenschaftlerin Amy Gutmann (71) für den Spitzenjob an der diplomatischen Vertretung in Berlin nominiert. Sie wäre damit die erste Frau in dieser Position. Gutmann ist eine langjährige Vertraute Bidens und seit 2004 Präsidentin der angesehenen University of Pennsylvania. Dort hatte Biden bereits vor seinem Wahlsieg mehrere Auftritte als Gastprofessor. Auch konnte Gutmann durchsetzen, dass ein Forschungsinstitut an der Universität nach dem ehemaligen Vizepräsidenten benannt wurde.

Gutmanns Vater stammte aus Feuchtwangen und flüchtete 1934 aus Nazi-Deutschland, ließ sich zunächst in Indien nieder und wanderte dann nach New York aus. Gutmann selbst studierte an der London School of Economics und promovierte später an der Harvard-Universität. Die Karriere-Akademikerin lehrte 28 Jahre lang an der Princeton-Universität und ist seit 2004 Präsidentin der University of Pennsylvania, die wie auch Harvard und Princeton zu den Elite-Unis der sogenannten „Ivy League“ zählt.

Die als linksliberal geltende Professorin engagierte sich an der UPenn, wie die Universität in den USA genannt wird, für Gleichberechtigung, ethnische Vielfalt und Finanzhilfe für Studenten aus ärmeren Familien. Unter ihrer Regie belegte die Hochschule in drei der vergangenen vier Jahre einen der Spitzenränge auf der Reuters-Liste der weltweit innovativsten Universitäten. Während ihrer akademischen Laufbahn hat Gutmann 17 Bücher geschrieben, etwa über die Demokratisierung der in den USA für viele unerschwinglichen Uni-Ausbildung.

Trotz ihrer mangelnden Erfahrung auf dem politischen Parkett neigt Biden offenbar schon seit Wochen dazu, Gutmann den Zuschlag zu geben. Sie gilt nämlich als energische Vorkämpferin für Multilateralismus und legt besonderen Wert auf die Beziehungen zu europäischen Verbündeten – beides Anliegen der US-Regierung. Auch im Falle ihrer Bestätigung stünde die Professorin ungeachtet der versöhnlichen Haltung des Weißen Hauses gegenüber Partnerländern vor schwierigen Aufgaben. Dazu zählt insbesondere der weiter ungelöste Streit um die Pipeline Nord Stream 2.

Der von Trump ernannte Botschafter Grenell, der sich mit der Bundesregierung wegen der Ostsee-Pipeline angelegt hatte und Berlin zudem vorwarf, die Nato zu unterminieren, legte im vergangenen Juni sein Amt nieder, um Chef der US-Geheimdienste zu werden. Seit seinem Rücktritt wird die Botschaft kommissarisch von der Gesandten Robin Quinville geleitet. Die Bestätigung Gutmanns durch den Senat gilt deswegen als wahrscheinlich, weil Demokraten, die in der oberen Kongresskammer eine hauchdünne Mehrheit besitzen, durchgesetzt haben, dass für die Besetzung von Botschafterposten lediglich eine einfache Stimmenmehrheit erforderlich ist.