Baywa-Chefkontrolleur steht vor hohen Hürden
Baywa-Chefaufseher vor hohen Hürden
Von Stefan Kroneck, München
Seit acht Monaten ist Gregor Scheller Aufsichtsratsvorsitzender des Agrarhandelskonzerns Baywa, der tief in einer Krise steckt. Angesichts der prekären Lage des zum Genossenschaftssektor gehörenden börsennotierten Unternehmens handelt es sich um keine Tätigkeit, bei der der Spaßfaktor eine übergeordnete Rolle spielt. Den 67-jährigen Bankmanager treibt vor allem das Pflichtbewusstsein an, daran mitzuwirken, die hochverschuldete und tiefrote Zahlen schreibende Baywa zu sanieren und auf mittlere bis lange Sicht wieder ins Lot zu bringen.
Der frühere Vorstandsvorsitzende der Volks- und Raiffeisenbank Bamberg-Forchheim ist unter den bayerischen Kreditgenossen, die zugleich mit einem Anteil von 33,8% größter Einzelaktionär der Baywa sind, gut verdrahtet. Das Mandat als Chefaufseher ist die zweite Funktion des früheren Bankdirektors als eine Art Feuerwehrmann für notwendige Löscharbeiten im genossenschaftlichen Finanzverbund des Freistaats. Wie ein Oberbranddirektor fungierte der Franke bereits von Februar 2022 bis Ende Juli 2024 interimistisch in der Rolle des Vorstandsvorsitzenden und Präsidenten des Genossenschaftsverbands Bayern (GVB). Nach hausinternen Machtkämpfen, die damals zum Sturz seines Amtsvorgängers Jürgen Gros führten, ließ er sich in die Pflicht nehmen.
Eine Tugend als Antriebsfeder
Diese Tugend ist nun das Hauptmotiv seines Wirkens bei der Baywa. Mitte Juli vorigen Jahres, als sich die Baywa in einer Börsenpflichtmitteilung zum Sanierungsfall erklärte, war Scheller zunächst vor allem damit beschäftigt, den Rettungsschirm für das (selbstverschuldet) in eine Schieflage geratene Unternehmen aufzuspannen. Noch in seiner Eigenschaft als GVB-Präsident gab er eine Bestandsgarantie für die Baywa ab, in dem er öffentlich die uneingeschränkte Solidarität der genossenschaftlichen Primärbanken bekannt gab. Damit war die drohende Pleite des Konzerns abgewendet.
Zusammen mit den zahlreichen Gläubigerbanken schaffte er es, dass die Baywa bisher Finanzspritzen des Kreditgewerbes von insgesamt 1 Mrd. Euro zur Überbrückung erhielt. Der Konzern selbst streicht 1.300 Stellen in der Hauptverwaltung, plant die Trennung von vielen Nebenaktivitäten und bereitet eine Kapitalerhöhung vor. Mit der verordneten Schrumpfkur soll der Patient bis Ende 2027 das Krankenbett verlassen können. Das ist der Plan, den die Haupteigentümer, die Gläubigerbanken, Scheller sowie der von Alix Partners kommende Restrukturierungsvorstand Michael Baur verfolgen.
Bayerische Bierruhe
Während Scheller inzwischen erste Ergebnisse vorweisen kann, herrscht auf der personellen Ebene im Aufsichtsrat, der für das Desaster eine Mitverantwortung trägt, immer noch eine bayerische Bierruhe. Außer bei der Neubesetzung des Leiters des Kontrollgremiums und des Rücktritts von Vize-Aufsichtsratschef Wolfgang Altmüller im zurückliegenden November ist auf der Kapitalseite des Organs bislang wenig passiert, während auf Vorstandebene CEO Marcus Pöllinger Ende Oktober 2024 das Weite suchte und Finanzvorstand Andreas Helber Ende März dieses Jahres geht.
Im Aufsichtsrat kommt Scheller mit seinem Vorhaben, das Gremium mit unabhängigen, fachkundigen Persönlichkeiten neu zu besetzen, nicht recht voran. Das liegt vor allem daran, dass die Aktionäre, allem voran die Kreditgenossen, viele Organmitglieder auf der zurückliegenden Hauptversammlung am 11. Juni 2024 erst für eine weitere Amtsperiode bis 2028 neu gewählt hatten.
Neuwahl als Bumerang
Diese Neuwahl erweist sich nun für Scheller als Bumerang. So gehören CSU-Politiker wie Monika Hohlmeier, die Tochter des früheren bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß (1988 verstorben), und Kreditgenossen-Funktionäre wie Wilhelm-Josef Oberhofer weiterhin dem Aufsichtsrat an, obwohl diese moralisch eigentlich dort nichts mehr zu suchen haben, juristisch aber alles korrekt ist. Vor allem Oberhofer, zugleich Vorsitzender des Prüfungsausschusses, scheint auf seinem Stuhl zu kleben. Im Gegensatz zu ihm verhielt sich Altmüller wenigstens konsequent.