Chef von Thyssen Steel unter Druck

Bernhard Osburg sitzt zwischen allen Stühlen

Der Streit war programmiert: Der Vorstand der Stahlsparte von Thyssenkrupp soll ein Zukunftskonzept vorlegen, das den Mutterkonzern finanziell schont und zugleich eine rosige Zukunft aufzeigt. Stahlchef Bernhard Osburg sitzt zwischen allen Stühlen.

Bernhard Osburg sitzt zwischen allen Stühlen

Bernhard Osburg sitzt zwischen allen Stühlen

Von Annette Becker, Köln

Es war bemerkenswert, als sich Miguel López, seines Zeichens Vorstandsvorsitzender von Thyssenkrupp, Anfang Juni den Fragen von Journalisten stellte. Wenig verwunderlich ging es fast ausschließlich um die schwächelnde Stahlsparte, für die der Konzern seit Jahren nach einer tragfähigen Zukunftslösung sucht. Kurz zuvor hatte López den Einstieg des tschechischen Investors Daniel Křetínský über dessen Holding EPCG in die Stahltochter gegen den Widerstand der IG Metall durchgeboxt.

Zum weiteren Vorgehen aber verwies der Thyssenkrupp-Chef gebetsmühlenartig auf den Businessplan, den der Stahlvorstand gerade erarbeite. Weder zum Zeitplan noch zum Inhalt ließ sich der Thyssen-Chef Details entlocken. Er habe volles Vertrauen in den Stahlvorstand, dass dieser ein geeignetes Konzept ausarbeite.

Viel Geld vonnöten

„Unter Druck“ gesetzt werde der Stahlvorstand nicht, gleichwohl solle es „so schnell wie möglich“ gehen. Bernhard Osburg, der Thyssenkrupp Steel Europe seit März 2020 als Vorstandschef leitet, saß seinerzeit nicht am Tisch. Er konnte das Gesagte am nächsten Tag nachlesen und mag sich seinen Teil gedacht haben. Denn klar ist: Der Umbau der Stahlsparte wird viel Geld kosten, das sich im operativen Geschäft nicht verdienen lässt. Die Stahlsparte ist also auf weitere Milliarden aus der Essener Konzernzentrale angewiesen. Dort allerdings verweist man lieber darauf, dass sich die Stahltochter aus eigener Kraft finanzieren können muss.

Osburg, Jahrgang 1968, sitzt zwischen allen Stühlen. Die umfassende Sanierung des Stahlgeschäfts wird nämlich nicht nur viel Geld verschlingen, sondern auch zahlreiche Arbeitsplätze überflüssig machen. Thyssenkrupp Steel unterliegt der Montanmitbestimmung, entsprechend mächtig ist die Gewerkschaft. Doch Osburg ist es bislang gelungen, sich nicht nur als zupackender Manager, sondern auch als Partner der Belegschaft zu positionieren. Für den studierten Maschinenbauer ist es eine Gratwanderung zwischen den berechtigten wirtschaftlichen Interessen der Muttergesellschaft und ihrer Anteilseigner und den Belangen der Arbeitnehmer.

Wenig ambitioniert

Inzwischen sind vier Wochen vergangen, die Aufsichtsratsvorlage lässt weiter auf sich warten. Der Abstimmungsprozess ist jedoch angelaufen. Wie das „Handelsblatt“ berichtet, gibt es zwischen Mutter und Tochter einen handfesten Streit um das Zukunftskonzept. López seien die Ziele der Stahltochter nicht ambitioniert genug, wird kolportiert. Zudem sei die Konzernmutter nicht bereit, die für den Umbau benötigten Milliarden locker zu machen.

„Der Businessplan wird derzeit vom Vorstand der Stahlsparte ausgearbeitet und anschließend in den Gremien vorgestellt“, lässt Thyssenkrupp Steel auf Anfrage wissen, eine inhaltliche Kommentierung der Geschichte wird jedoch abgelehnt. Zwar sollen Osburg und López eine vernünftige Gesprächskultur pflegen, doch sind Konflikte programmiert, wenn es um finanzielle Ausstattung der Stahlsparte geht. Das Vertrauensverhältnis zwischen beiden Managern scheint inzwischen jedoch angeknackst. Warum sonst sollte López McKinsey mit der Erarbeitung eines weiteren Geschäftsplans beauftragen?

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.