Vorstandswechsel

Blockabfertigung in deutschen Vorstandsetagen

SAP, Lufthansa und Thyssenkrupp haben im Laufe des Jahres eine Reihe von Vorständen gewechselt. Während SAP und Lufthansa strategische Umstrukturierungen vornehmen, kämpft Thyssenkrupp mit internen Konflikten.

Blockabfertigung in deutschen Vorstandsetagen

Blockabfertigung in deutschen Vorstandsetagen

lis Frankfurt
Von Lisa Schmelzer, Frankfurt

Dass Unternehmen, wenn sie in die Krise rutschen, zuweilen den Chef auswechseln, ist keine Überraschung. Dass sich angesichts der konjunkturellen Lage in Deutschland mehr und mehr Unternehmen in der Krise befinden, mit den entsprechenden Folgen für die Führungsmannschaft, ist ebenfalls logisch. Wenn indes mehrere Vorstände gleichzeitig ein Unternehmen verlassen oder vor die Tür gesetzt werden, sorgt das aber für Aufmerksamkeit. Zumal es sich bei zwei der drei Firmen, um die es hier gehen wird, eben nicht um Sorgenkinder handelt.

SAP strukturiert um

Beim Softwarehaus SAP war der Vorstandsumbau im Sommer damit begründet worden, man wolle nun die nächste Wachstumsphase einläuten. Marketing-Vorständin Julia White verlor ihren Job, weil der Vorstandsbereich Marketing & Solutions schlichtweg abgeschafft wurde. Gleichzeitig verließ Vertriebschef Scott Russell den Walldorfer Konzern, wobei die Gründe dafür im Argen blieben,
am Vertriebsressort soll trotz der Straffung des Vorstandes festgehalten werden. Beide Führungskräfte hatten 2023 eine Vertragsverlängerung bis 2027 bekommen.

Als einer von mehreren geht Jürgen Müller von SAP.
SAP

Doch damit nicht genug. Anfang September teilte SAP mit, dass auch Chief Technology Officer Jürgen Müller geht. Allerdings wird sein Abgang mit persönlichem Fehlverhalten bei einer Firmenveranstaltung begründet, war also so nicht geplant. Derzeit besteht der SAP-Vorstand aus fünf Mitgliedern, wobei die Personalchefin Gina Vargiu-Breuer erst seit Anfang 2024 und CFO Dominik Assam erst seit 2023 an Bord sind.

Bei der Lufthansa wurden im zurückliegenden Jahr sogar zwei Drittel des amtierenden Vorstands ausgetauscht. Nur noch Konzernchef Carsten Spohr und Personalvorstand Michael Niggemann behielten ihre Posten. Bei zwei der vier Vorstände handelte es sich um einen altersbedingten Wechsel, weil Detlef Kayser und Harry Hohmeister die magische Grenze von 60 Jahren erreichen. Diese Grenze gilt zwar laut Spohr, dessen Vertrag bis in sein 64. Lebensjahr läuft, nicht mehr, aber irgendwie dann eben doch. CFO Remco Steenbergen hat einen neuen Job beim Pharmakonzern Sandoz gefunden, die für Produktthemen und Nachhaltigkeit verantwortliche Christina Foerster musste gehen – was mit den gehäuft auftretenden Negativ-Erfahrungen der Kunden auf Lufthansa-Flügen zu tun haben dürfte. Weil der Vorstand gleichzeitig um einen Posten verkleinert wurde, rückten nur drei neue Manager nach: Grazia Vittadini, Dieter Vranckx und Till Streichert. Krisengeschüttelt ist anders als Lufthansa und SAP der Industriekonzern Thyssenkrupp. Da wird so ein Vorstandssessel auch mal zum Schleudersitz. Oder aber man wünscht sich schnell woanders hin. So geschehen erst vor wenigen Wochen bei Finanzvorstand Jens Schulte, der nach nur sechs Monaten im Amt schon das Weite sucht und 2025 als CFO bei der Deutschen Börse anheuern will.

Till Streichert wird zum 15. September neuer Finanzvorstand der Lufthansa.
Till Streichert ist seit September neuer CFO der Lufthansa.
Foto: Deutsche Lufthansa

Die Personalie Schulte reiht sich nahtlos ein in den Schwund in der Führungsetage von Thyssenkrupp. Drei von fünf Vorständen der Stahlsparte hatten ihr Amt niedergelegt, nachdem der Streik um die Zukunft des Geschäfts im August eskaliert war – darunter Vorstandschef Bernhard Osburg. 

Wenige Tage vor Schulte hatte Arbeitsdirektor Oliver Burkhard seinen Rückzug aus dem Thyssenkrupp-Vorstand bekannt gegeben. Er bleibt dem Konzern allerdings erhalten, als CEO der Marinesparte. So oder so braucht das Unternehmen nun zwei neue Vorstände. Das Führungsgremium war erst Anfang 2024 von drei auf fünf Kopfe erweitert worden, gegen den Widerstand der Arbeitnehmervertreter. Burkhards Aufgaben als Personalvorstand soll übrigens interimistisch Schulte übernehmen.