CFO der Borsa Italiana geht
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Der Aderlass an der Borsa Italiana hält an. Nach Informationen der Börsen-Zeitung wird der bisherige CFO Lorenzo Guasco die Mailänder Börse verlassen. Seit der Übernahme durch die französisch dominierte Mehrländerbörse Euronext hat es in Mailand einen wahren Exodus gegeben. Neben dem langjährigen Börsenchef Raffaele Jerusalmi waren etwa Nunzio Visciano, Chef des Equity Market Listing, Valentina Sidoti, Head of Global Buy Side & Market Analysis and Italy Regulations, sowie Nicolas Bertrand, Head of Derivatives and Commodities, gegangen. Abschied genommen hatte nach 23 Jahren ferner Piero Poletto, verantwortlich für ETF und Fixed Income Markets. Beobachter erklärten die auffällige Häufung von Kündigungen auch mit den seit der Übernahme beschnittenen Befugnissen der Mailänder Börse. Nicht alle frei gewordenen Posten wurden neu besetzt. Unterdessen wächst das Unbehagen in Rom und Mailand. Offenbar plant Euronext, dass die Borsa künftig nicht mehr separate Ergebnisse ausweist. In Kreisen heißt es dazu, damit solle es Rom schwerer gemacht werden, explizite Investitionen für Italien im Verhältnis zur Bedeutung des Börsenplatzes zu verlangen bzw. diese transparent zu verfolgen. In die Kritik geraten ist erneut auch der Erwerb einer Euronext-Beteiligung durch die mehrheitlich staatliche italienische Förderbank Cassa Depositi e Prestiti (CDP), die 7,3% an der Mehrländerbörse hält. Der Wert des Anteils ist seit dem Einstieg vor zwei Jahren um mehr als 25% gesunken. Dagegen sind die Aktien des früheren Borsa-Eigners LSE und der Deutschen Börse, deren Angebot für die italienische Börse nicht einmal geprüft worden war, seither deutlich gestiegen.
Vor allem führende Vertreter der Fratelli d’Italia, die bei den jüngsten Parlamentswahlen die stärkste Partei wurden, hatten seinerzeit auch gegenüber der Börsen-Zeitung heftige Kritik an den Umständen des Verkaufs und dem Einstieg der CDP bei Euronext geübt. Sie forderten seinerzeit eine Überprüfung des Verkaufsprozesses und Transparenz, drangen mit ihren Anliegen aber nicht durch. (Börsen-Zeitung, 5.10.2022)