Nachruf

China trauert um Kapital­markt­reformer Li Yining

Der als „Mister Aktienmarkt“ bekannte chinesische Wirtschaftsprofessor Li Yining ist im hohen Alter verstorben. Er gilt als einer der wichtigen Konzeptgeber für Chinas Reform- und Öffnungsprozess und Chefarchitekt für Chinas Wertpapiergesetzgebung.

China trauert um Kapital­markt­reformer Li Yining

Von Norbert Hellmann, Schanghai

Der zu den bekanntesten chinesischen Ökonomen zählende Wirtschaftsprofessor Li Yining ist laut einer Mitteilung der Pekinger Universität im Alter von 92 Jahren verstorben. Li gehörte in den achtziger Jahren – und damit den Anfängen der als „Reform und Öffnung“ bezeichneten Neuaufstellung des kommunistischen Wirtschaftssystems Chinas – zu den treibenden Kräften, die sich für eine schleichende Hinwendung zum Kapitalismus und tiefgreifende Veränderungen in der noch rein staatlichen Unternehmenswirtschaft einsetzten.

Der aus Nanjing stammende Li hatte sich vor allem mit einem unablässigen Werben für eine Heranführung Chinas an westliche Kapitalmarktpraktiken und den Aufbau eines Aktienbörsenwesens hervorgetan. Mitte der achtziger Jahre tourte der damals bereits in Diensten der Pekinger Universität stehende Akademiker unablässig durch das Land, um sein Konzept von einer Reform und Vitalisierung großer Staatsunternehmen mit der Überführung der Rechtsform auf Aktiengesellschaften publik zu machen. Dabei fand er mit seinen hartnäckig verfolgten Konzepten durchaus Gehör bei der chinesischen Staats- und Parteiführung.

Parallel zu den Beraterfunktionen für Reformen der staatlichen Unternehmen setzte sich Li für die Mobilisierung von privaten Investments und den Aufbau eines Kapitalmarktwesens nach westlichem Vorbild ein. Tatsächlich hatte er die Schirmherrschaft inne bei der Entwicklung der heute noch in Kraft befindlichen chinesischen Wertpapiergesetze und Regularien für das Investmentfonds-Wesen. Erst 2019 kam es zu einer grundlegenden Überholung des von Li entworfenen Wertpapiergesetzes, mit der auch der Weg für eine Reform der Listing-Bestimmungen und Neuregulierung von Initial Public Offerings (IPOs) geebnet wurde.

In den neunziger Jahren fungierte Li dann auch in einer gewissermaßen politischen Funktion und war für drei Legislaturperioden Mitglied des ständigen Ausschusses des Nationalen Volkskongresses. In diesen Jahren verlagerte er den Fokus stärker auf volkswirtschaftliche Aspekte mit Themen wie Armutsbekämpfung, Einkommensverteilung sowie Landnutzungsrechte und Agrarreformen. Seitens der chinesischen Regierung bekam er für seinen Einsatz den Ehrentitel eines „Pioniers der Reform und Öffnung Chinas“ verliehen. In heimischen Medien wurde Li gerne mit dem nicht minder ehrenvollen Spitznamen „Mister Aktienmarkt“ betitelt.

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