Multimilliardär und Starinvestor

China-Versteher Ray Dalio wird zum Missionar

Ray Dalio hält nur selten mit seiner Begeisterung für China hinter dem Berg. Auch das System des allgemeinen Wohlstands begeistert den Gründer des weltgrößten Hedgefonds.

China-Versteher Ray Dalio wird zum Missionar

Von Norbert Hellmann, Schanghai

Dass sich amerikanische Spitzenbanker, Fondsmanager und sonstige Finanzgrößen auf China-Besuchen überschwänglich lobend zu Wirtschaftsdynamik und Reformeifer des Landes und den daraus resultierenden Kapitalmarktchancen für ausländische Investoren äußern, versteht sich von selbst. Ob es sich um echte oder gespielte Bewunderung handelt, spielt keine Rolle. Man befindet sich auf einem spannenden Wachstumsterritorium mit besonderen Spielregeln, zu denen es gehört, dass man der chinesischen Obrigkeit mit Reverenz begegnet. Ebenso selbstverständlich ist es allerdings, dass dieselben Personen in der Heimat ihre China-Begeisterung wieder deutlich zurückfahren, um es sich nicht mit US-Politikern zu verscherzen. Wenn es einen gibt, der nicht in diese Schablone passt, dann ist es sicherlich der Multimilliardär und Starinvestor Ray Dalio. Der Gründer des weltgrößten Hedgefonds, Bridgewater Associates, gilt nämlich als ein US-Investor, der seine Begeisterung für Chinas Wirtschaftserfolge, Kapitalmarktkultur und auch das politische System nicht nur zur Beziehungspflege auf China-Besuchen, sondern auch in der eigenen Heimat ventiliert. Das hat ihm einigen Streit mit chinaskeptischen Investmentgurus wie George Soros und auch einer Reihe von US-Politikern bereitet, dem er in keiner Weise aus dem Weg zu gehen bereit ist.

In den letzten Monaten ging es beim Dalio-Disput vor allem um die Frage, ob die immer stärkeren Dissonanzen zwischen China und den USA Chinas Kapitalmarkt zu einem für Ausländer „uninvestierbaren“, weil politisch vergifteten Anlageterritorium machen. Brisanz hat diese Frage wegen der Pekinger Regulierungskampagne im Techsektor bekommen, die US-Investoren monumentale Kursverluste beschert und das Geschäft mit chinesischen Listings an New Yorker Börsen torpediert hat.

Dalio, der nach eigenen Angaben seit über 40 Jahren ein glühender China-Verehrer ist, hat sich voll und ganz auf die Seite der chinesischen Regierung geschlagen und deren „umsichtige“ Eingriffe im Tech- und Immobiliensektor als Inbegriff sozialen Verantwortungsbewusstseins gelobt. In Chinas Staatsmedien wird er dafür stürmisch gefeiert, während sich für Bridgewater wie von selbst immer neue Türen im China-Geschäft öffnen.

Zu Wochenbeginn hat Dalio noch einen draufgelegt als Gastredner auf der UBS Greater China Conference in Schanghai. Er hat Chinas neues wirtschafts- und umverteilungspolitisches Mantra der „Common Prosperity“ nicht nur brav gelobt, sondern auch gleich noch Washington dazu aufgefordert, sich daran gefälligst ein Beispiel zu nehmen, um die US-Wirtschaft endlich auf chinesischen Vordermann zu bringen. Dalio ist vom China-Versteher zum Missionar aufgestiegen. Jetzt darf man gespannt sein, wie die Hedgefondsbranche als Vermögensmehrer für Ultrareiche zur Common Prosperity des kleinen Mannes beiträgt.

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