Frankreich

Cœuré Favorit für Wettbewerbsaufsicht

Der ehemalige EZB-Direktor Coeuré soll überraschend den Vorsitz der französischen Wettbewerbsbehörden übernehmen. Die Ernennung eines Ökonomen an der Spitze der Wettbewerbsbehörde gilt als eine starke Botschaft.

Cœuré Favorit für Wettbewerbsaufsicht

Von Gesche Wüpper, Paris

Es war ein Abschied, der für viele Beobachter in Frankreich sehr überraschend gekommen war. Gut anderthalb Monate, nachdem Isabelle de Silva den Vorsitz der französischen Wettbewerbsbehörden abgegeben hat, scheint ein Nachfolger gefunden zu sein. Benoît Cœuré sei dafür vorgesehen, berichten die Wirtschaftszeitung „Les Echos“ und die Tageszeitung „Le Monde“. Der Nominierungsprozess sei noch nicht ganz abgeschlossen, doch die Berufung Cœurés dürfte noch vor Ende des Jahres erfolgen.

Die Berufung des früheren Direktoriumsmitglieds der Europäischen Zentralbank (EZB) sei eine Überraschung, urteilt „Le Monde“. Denn Cœuré, der seit Anfang 2020 das Innovation Hub der Zentralbank der Zentralbanken (BIZ) leitet, wäre der erste Ökonom an der Spitze der französischen Konkurrenzaufsicht. Der 52-Jährige hat weder die École Nationale d’Administration (ENA) besucht, noch ist er Jurist oder Staatsberater wie es die bisherigen Leiter waren. Dafür hat er die Ingenieurskaderschmiede École Polytéchnique besucht, einen Abschluss in Japanisch gemacht sowie die École Nationale de la statistique et de l’administration économique und die École des Hautes Etudes en Sciences Sociales absolviert.

Cœuré soll der Favorit des Wirtschaftsministeriums für die Nachfolge de Silvas sein, deren Amt seit Mitte Oktober interimsmäßig von ihrem Stellvertreter Emmanuel Combe ausgeübt wird. Der in Grenoble geborene Cœuré ist von der Regierung von Präsident Emmanuel Macron kurz nach Ausbruch der Covid-Pandemie als Leiter einer Kommission eingesetzt worden, die die Maßnahmen zur finanziellen Unterstützung der Unternehmen nachverfolgen soll, die von der Coronakrise betroffen sind. Der als ruhig bekannte Zentralbanker war als einer der möglichen Kandidaten für die Leitung der Banque de France gehandelt worden, doch Macron entschied sich dann dafür, das Mandat von Amtsinhaber François Villeroy de Galhau zu erneuern.

Die Ernennung eines Ökonomen an der Spitze der Wettbewerbsbehörde sei eine starke Botschaft, zumal die meisten wichtigen Dossiers, mit denen sich die Behörde beschäftigen muss, wirtschaftlicher Natur seien, heißt es in Paris. Die Konkurrenzaufsicht muss jetzt vor allem über die geplante Fusion der beiden Fernsehgruppen TF1 und M6 entscheiden, während im Frühjahr Präsidentschaftswahlen anstehen. Das Projekt sei juristisch sehr schwierig, urteilte die ausgeschiedene Leiterin der Wettbewerbsbehörde. Zu den anderen strategisch wichtigen Dossiers, die Cœuré bei der Wettbewerbsbehörde erwarten, gehört die Rolle der Internetriesen wie Google, Apple und Facebook und ihrer chinesischen Konkurrenten in der Wirtschaft. Mit dieser Frage befasst sich Cœuré bereits in seinem jetzigen Amt bei dem Innovationshub der Zentralbank der Zentralbanken, wo Neuerungen in der Finanztechnologie zu seinen zentralen Themen gehören.