Daniel Gotthardt – Schreck des Compugroup-Streubesitzes
Der Schreck des Compugroup-Streubesitzes
hek Frankfurt
Von Helmut Kipp, Frankfurt
Den Namen Daniel Gotthardt werden außenstehende Aktionäre des Software-Unternehmens Compugroup Medical aus Koblenz in unguter Erinnerung behalten. Denn wenige Monate nach seinem Amtsantritt präsentiert der CEO im Schulterschluss mit dem Finanzinvestor CVC einen Deal, der den Streubesitz ziemlich alt aussehen lässt. Er kriegt 22 Euro je Aktie und ist damit raus – oder er muss, falls er nicht einschlägt, damit leben, an einem Unternehmen beteiligt zu sein, das die Informationen für fremde Anteilseigner erklärtermaßen zusammenstreichen will und dessen Aktien nicht mehr an einer regulierten Börse gehandelt werden.
Delisting geplant
Mit dem Erreichen der Mindestannahmeschwelle im Januar war klar, dass die Transaktion aller Wahrscheinlichkeit nach zustande kommen wird. Inzwischen, am 11. Februar, läuft gerade die zweite Annahmefrist ab. Zeitnah soll nun ein Delisting-Angebot folgen und die im SDax vertretene Aktie dann vom Kurszettel verschwinden. Die Hoffnung, dass beim Delisting mehr Geld für den Streubesitz rausspringt, trügt ganz offensichtlich. Es sei keine Erhöhung gegenüber dem Angebotspreis zu erwarten, hat Compugroup bereits wissen lassen.
Verschuldung soll steigen
Der neue CEO vergrößert mit dem Herausdrängen des Streubesitzes seinen strategischen Spielraum. Angekündigt ist bereits eine effizientere Kapitalstruktur, also eine höhere Verschuldung. Diese lag zuletzt beim 3,3-Fachen des bereinigten Gewinns vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen, was gar nicht mal niedrig ist. Verschiedene Banken haben sich nach Firmenangaben verpflichtet, nach Vollzug der Übernahme Darlehen bereitzustellen. Das lässt auf weitere Akquisitionen und höhere Investitionen in cloudbasierte Produkte und KI-gestützte Lösungen schließen. Andererseits müssen Gotthardt und sein Vater, Firmengründer Frank Gotthardt, damit leben, dass CVC mehr Einfluss nehmen wird als das der Streubesitz konnte. Dessen Mitsprache war schon durch die Besonderheiten der Kommanditgesellschaft auf Aktien, der Rechtsform von Compugroup, arg limitiert.
Familienfremde CEOs gehen wieder
Als Medizinprofessor und Firmengründer kann Daniel Gotthardt umfangreiche ärztliche und unternehmerische Erfahrung in seine CEO-Rolle einbringen. Seinem Arbeitgeber war er vorher schon lange als Aktionär und Aufsichts- bzw. Verwaltungsrat verbunden. Sein Vater hatte Ende 2020 mit 70 Jahren die Firmenleitung abgegeben, blieb aber als Vorsitzender des Verwaltungsrats und Großaktionär die zentrale Instanz. Die beiden familienfremden Nachfolger, der frühere Deutschlandchef der Deutschen Telekom Dirk Wössner und der vom CFO zum CEO aufgestiegene Michael Rauch, hielten sich jeweils nur recht kurz an der Managementspitze. Mit Wirkung zum 1. September 2024 machte der Verwaltungsrat schließlich Gotthardt junior zum CEO, der seit Anfang 2023 bereits als Chief Medical Officer und Senior Vice President für das auf Informationssysteme für Ärzte, Apotheken und Krankenhäuser spezialisierte Unternehmen arbeitete.
Oberarzt und Gründer
Gotthardt hat am Max-Planck-Institut für medizinische Forschung sowie am Imperial College in London promoviert und arbeitete 13 Jahre an der Uniklinik Heidelberg, zuletzt als geschäftsführender Oberarzt. Auch unternehmerisch stand er auf eigenen Beinen. Er gründete die Gotthardt Healthgroup (GHG) in Heidelberg, war Geschäftsführer der Mediteo GmbH (Arzneimittel-App) sowie einziges Vorstandsmitglied der GHG und der XLHealth. Im November 2022 gab Compugroup die Übernahme von zwei GHG-Geschäftseinheiten bekannt, mit der das Portfolio datenbasierter Lösungen für den Gesundheitssektor erweitert werde.
Gotthardt-Pool behält seine Aktien
Die Baader Bank hält das Übernahmeangebot von 22 Euro weiterhin für unattraktiv – eine Einschätzung, die schon dadurch gestützt wird, dass der Gotthardt-Pool an seinen Aktienpaketen und damit an der Mehrheit festhält. Er wird wissen warum. Vor einem Jahr notierte die Aktie mit rund 30 Euro deutlich über dem Kaufangebot. Die Prämie von 51% auf den Dreimonatsdurchschnitt führt in die Irre. Sie kommt nur deshalb zustande, weil eine Umsatz- und Gewinnwarnung den Kurs im Juli auf ein Zehnjahrestief drückte und der tiefgehende Vertrauensverlust bisher einer durchgreifenden Erholung entgegenstand. Streubesitzaktionären, die ihre Anteile behalten, bleibt nur die Hoffnung, dass der Aktienhandel in einem Freiverkehrsmarkt fortgesetzt wird. Vielen Institutionellen ist diese Option versperrt, da sie nur Aktien halten dürfen, die an einem regulierten Börsenplatz notieren. Sie müssen verkaufen.